und wenn ich mich dafür dem Teufel verschreiben sollte, – du wirst mein!“
Junge Liebe ist voller Zuversicht, sie glaubt noch an Wunder; und sie ist sich selbst genug und vergißt darüber die Welt. Es war eine stürmische Saison damals, – kaum ein Tag verging ohne ein Diner, einen Ball, eine Schlittenpartie. Hellmut fehlte niemals. Wenn es nicht anders ging, ritt er noch in der Nacht nach Ludwigslust zurück. Er verlor allmählich die gesunde Farbe, aber wenn ich ihn angstvoll um sein Ergehen frug, lachte er. Wir wurden immer kühner und immer erfinderischer, um uns allein sehen zu können, und die fremdesten Menschen halfen uns dabei: sie zogen sich zurück, wenn wir ins Zimmer traten, sie vertieften sich in ein Gespräch, wenn wir am gleichen Tische saßen, sie mäßigten das Tempo ihres Laufs, wenn sie auf der weiten Eisfläche des Schweriner Sees in unsere Nähe kamen. Daß die Mädchen mich mieden, war mir nur eine Wohltat. Hie und da freilich fing ich ein hämisches Lächeln auf, ein vieldeutiges Augenzwinkern, oder hörte mit halbem Ohr, wie es um mich her raunte und flüsterte. Aber ich dachte darüber nicht nach. Ich vegetierte überhaupt nur noch, und lebte allein, wenn er um mich war.
In diesem Winter wußte ich erst, was Tanzen ist: keine Bewegung, in der wir nach Vorschrift die Füße so oder so setzen, kein harmlos-kindliches Vergnügen aus reiner Freude am rhythmischen Regen der Glieder, – Liebe ist es, Liebe in all ihren tausend Phasen, Liebe, die zwei Menschen zu Eins verschmilzt, die sie auseinanderzieht, um die Sehnsucht zu steigern und sie um so glühender wieder zu vereinen. Liebe, die lockt und kokettiert – sich
Lily Braun: Memoiren einer Sozialistin. Albert Langen, München 1909, Seite 294. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Memoiren_einer_Sozialistin_-_Lehrjahre_(Braun).djvu/296&oldid=- (Version vom 31.7.2018)