die Erhebung ersetzen, die die früheren naiven Menschen in Gotteshäusern vor ihren Altären und Göttern empfanden, vor Göttern, die wir Modernen längst zum alten Eisen gelegt haben.
Ehe ich auf meinen Reisen oben im Himalajagebirge gewesen, konnte ich mir diese höchsten Erdzinken immer nur tief in weißem Schnee und unter ewig eisigblauem Himmel vorstellen, ähnlich den Erinnerungsbildern, die ich vom Montblanc, von den Dolomiten und den Schweizer Alpen mit mir trug. Jetzt aber, nachdem ich vor Jahren am Himalaja war, sehe ich dort im Geist keine ehernen Gletscher, keinen eisblauen Himmel mehr. Ich sehe dort die Erde grau in grau wandern, denn es war im Februar, als die Nebel aus der indischen Talsohle wie graue Felder heraufstiegen, Nebel in allen Schattierungen, in Schatten und Beleuchtungen wechselnd. Es war, als flögen die Berge; dann wieder versanken sie. In den Sternennächten wirbelten diese Nebel im Mondschein. Der riesige Himalaja schien sich fortzuwälzen. Bald stellten sich die Nebel wie Riesentreppen auf, schlugen sich zum Himmel hinauf und drehten sich um ihre Achsen wie ungeheuere Windmühlenflügel. Es blieb kein Oben, kein
Max Dauthendey: Geschichten aus den vier Winden. Albert Langen, München 1915, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Geschichten_aus_den_vier_Winden_Dauthendey.djvu/46&oldid=- (Version vom 31.7.2018)