noch nicht vom Schönsten gehört, was ich gesehen habe.“
Seine Heiligkeit, welche wir auf den Wegen des Gartens zwischen uns gehen ließen, setzte sich auf das Stühlchen, das die Schweizer Wache, die hinter uns ging, ihm unterschob. Der Papst hielt immer noch mein Giftfläschchen zwischen den Fingern, obwohl es ihm der Kardinal öfters hatte abnehmen wollen. Der Papst hielt das Giftfläschchen gegen die Sonne:
„Wieviel Gifttropfen sind darin und wie wirken sie?“
Ah, dachte ich. Dem Papst geht es jetzt wie dem Heiden auf Koster. Der Kapitän hat das Fläschchen auch nicht mehr hergegeben, als er es einmal zwischen den Fingern hatte. Und obwohl ich vom Allerschönsten, was es auf der Welt gab, eben hatte erzählen wollen, hatte der Papst nicht zugehört, sondern immer an das Gift denken müssen.
Der Kardinal kam mir zuvor und beantwortete die Fragen, die das Gift betrafen, und ich bewunderte dabei des Kardinals scharfes Gedächtnis, der alles genau behalten hatte, was ich ihm über das Giftfläschchen vorher mitgeteilt hatte.
Max Dauthendey: Geschichten aus den vier Winden. Albert Langen, München 1915, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Geschichten_aus_den_vier_Winden_Dauthendey.djvu/36&oldid=- (Version vom 31.7.2018)