umschatteten. Es war ihm unangenehm, gleich mit der Frage zu kommen, die sie schon einmal unbeantwortet gelassen. Er spürte jedoch in ihrem Benehmen sofort eine befangene Ängstlichkeit heraus, auch wechselte sie mehrmals die Farbe, als er sie ansah. Die Sache ist ihrem Zartgefühl noch peinlicher als mir, dachte er, es ist sicher, sie wittert etwas Unerlaubtes, und es wird ihr schwer, dazu die Hand zu bieten. Endlich fragte er doch. Sofort ward das feine, von kurzen grauen Locken umhangene Köpfchen ihm abgewendet.
„Ich bitte Sie herzlich, nicht in mich zu dringen. Ich habe feierlich Schweigen gelobt und –“
Iversen ließ einen Ton des Unmuths hören.
„Wer wird es groß sein?“ murmelte die Frau, „irgend jemand, der Sie – gern hat.“ Sie machte sich an ihren Papieren zu schaffen.
„Glauben Sie, daß das so häufig ist? Das ist ja das Seltenste, was es gibt!“ rief der junge Mann, die Arme erhebend, „es regt mich auf und reizt mich, meine erste Vermuthung scheint nicht mehr zu stimmen – also keinen Ton dürfen Sie mir verrathen?“
„Nein, nein“ sagte sie hastig, fast flehend.
Er sah sie scharf und nachdenklich an. Die Sache schien sie fast persönlich anzugehen, sie hatte doch nicht etwa eine Nichte oder Verwandte, die sie ihm verkuppeln wollte? Ach, Unsinn, es war eine so edle Anmuth,
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/49&oldid=- (Version vom 31.7.2018)