„Elisabeth – Sie wissen ja, wir mußten sie immer zurückhalten. Aber nun, die neue Richtung, was soll man dazu sagen“ – das stolze Lächeln wurde stärker – „Elisabeth besucht die Universität, sie studirt seit Oktober.“ Eine Erstarrung folgte, die Pastorin sah einen Augenblick kleinlaut drein.
„Aber sie ist doch nicht geschieden?“ murmelte die Apothekerstochter erschrocken gegen ihre Schwester.
Pastor Markwort stand auf. „Die Sache war uns ebenso fremd, wie Ihnen,“ sagte er mit etwas eingenommenem Organ, „aber wir haben uns darein gefunden. Elisabeth hat das Maturitätsexamen gemacht, sie wird ihren Doktor machen“ – seine Stimme zitterte – „unter dem Schutze eines tüchtigen Mannes. Ich glaube, wir dürfen nicht länger engherzig abwehren, wenn die Gaben der Natur –“
Die Anwesenden begriffen schließlich, daß sie auch jetzt gut thaten, zu gratuliren, und sie beeilten sich, ihre Erschrockenheit hinabzuschlucken.
„Was soll er thun, als gute Miene zum bösen Spiel machen?“ zischelte Doktor Eybe seiner Frau ins Ohr, und dann nahm er seine Theetasse, um kräftig mit den Eltern auf die Zukunft des „Wunderkindes“ anzustoßen.
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 376. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/384&oldid=- (Version vom 31.7.2018)