sind uns bekanntlich an Schlauheit weit überlegen. Na, werden Deine Alten aber Augen machen, wenn Du nicht wiederkommst! Famos, so muß man’s ihnen zeigen, dann geben sie sich sofort und kriegen den nöthigen Respekt. Zeigen, daß man eine Individualität hat, darauf kommt es an. Allein könntest Du es natürlich nicht zu Stande bringen, aber mit meiner Hülfe geht alles. Hinterlasse ja keinen Abschiedsbrief, den sie womöglich früh finden; wir schreiben ihnen dann beide von hier aus. Überhaupt keine Sentimentalitäten! ich sage Dir, mit Weglaufen kommt man am weitesten. Ich möchte auch nicht, daß Du noch einmal einem solchen Tyrannen in die Hände fielest wie Deinem verflossenen Bräutigam, von dem ich bis dahin kein Sterbenswort gewußt habe. Übrigens muß ich sagen, es wird wohl nicht viel Liebe dabei gewesen sein, denn in solchem Falle thut man wirklich alles, was der andere haben will. Ich weiß das aus Erfahrung, Lisbeth, ich könnte Dir auch ein paar Geschichten erzählen – nun, vielleicht mündlich. – Du willst wissen, was ein symbiotischer Zustand ist, hast also nie von Symbiose gehört? Das ist stark! Also Symbiose heißt eigentlich Zusammenleben, und zwar eines, das nicht auf den Geschlechtsunterschied gegründet ist, sondern auf gegenseitige Dienstleistung. So bei den Flechten: der Pilz gibt die Festigkeit, den Boden so zu sagen, die Alge schafft das Chlorophyll, die
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 332. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/340&oldid=- (Version vom 31.7.2018)