fieberroth, immer wieder ringt sie die Hände. Schaible ist nicht minder erschüttert; die Emilie Leuthäuser war ja sein Liebling gewesen, soweit das ein anderes Kind neben der Lotte sein konnte. Es ist wie ein böser Traum, daß solch ein feuriges, schönes Geschöpf im kalten Wasser soll erloschen sein wie eine Rakete. Er sieht die brennenden Blicke, fühlt noch die heißen Finger des armen Kindes, die so schmerzhaft drückten, wenn sie Abschied nahm.
„Warum denn, warum?“
„Ja, warum Weil die Stimm’ fort war! Weißt net, wie sie zur Lotte g’sagt hat: ‚Nur keine médiocrité werden! Lieber todt als halb leben.’ „Ja, das hat sie gesagt; aber was so e’ junges Ding daherredet, – – Hab i’ auch denkt! Aber Mann, der war’s Ernst! An dem Platz im Gras hat e munzig klein’s Notizbüchle g’lege, d’rin steht: „Ich gehe, meine verlorene Musik zu suchen.“
„O du mein Heiland! Ist’s heute geschehen?“
„Gestern schon. Die Pflegemutter war vorhin hier; das ist e Jammer.“
„Ach, die Pflegemutter! Ja, die! Wer weiß, wie’s gegangen wär’ – – .“
„Freilich, freilich! Ihr wär’s schon recht gewesen, wenn die Emilie nur immer brav gekocht und geputzt hätt’ ’n lieben, langen Tag. Sie hat mir noch heut’ g’sagt: „Die Stimm’, das ist der Emilie ihr Unglück
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 282. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/290&oldid=- (Version vom 31.7.2018)