ihn nicht. Irgend ein Mann, eine Frau war es nicht, das hörte sie am Lachen. Es wurde ihr ganz unheimlich zuletzt, es fror sie so, daß ihr die Zähne klapperten. Ein dünner Lichtstreif fiel durch die Thürspalte, Schritte kamen herauf.
„Bist Du hier oben, Annita?“ sagte Mama Severin; ihre Stimme klang ärgerlich und müde.
„Ich bin hier,“ sagte das Mädchen mechanisch.
„Na, Adelheid is schon ganz böse, sie wollte nich mit rauf.“ Sie leuchtete ihr ins Gesicht. „Gott, Kind, Du siehst je so komisch aus, was is Dir denn eigentlich?“ Und als sie nun keine Antwort erhielt, trat Mama ängstlich ganz nah heran. „Kind, Du kannst einem wahrhaftig bange machen,“ flüsterte sie zitternd, „der dumme Bengel hat doch um Gottes Willen nich auch Dir was in’n Kopf gesetzt?“
„O pfui, Tante!“ sagte Annita laut und empört. – Plötzlich faßte sie sich ein Herz. „Weißt Du, Tante, es ist doch wohl eigentlich Alles ganz anders, als wir Mädchen es uns denken, nicht?“
„Ach ja,“ machte die Mama gedehnt, „da magst Du wohl recht haben. Ja, wenn ich so nachdenk’, – es ist wohl Manches anders! Wieso meinst Du?“
„Besonders mit den Männern, nicht Tante?“
Mama zuckte vorsichtig die Achseln. „Was für Männer meinst Du?“
Annita verstummte. Endlich getraute sie sich zu
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/278&oldid=- (Version vom 31.7.2018)