und wollte zum Schluß durchaus nicht leiden, daß sie auch einige von den zahlreichen Päckchen trüge. Und unterstützte sie beim Besteigen der Pferdebahn so galant, daß ihm der Pumpernickel entrollte, – aber kein Groll kam in sein breites behäbiges Gesicht! Annita wußte später nicht ein Wort von dem, was sie mit ihm gesprochen, auch nicht wie sie von Mama Severin und Adelheid empfangen und an den Speisetisch geführt wurde. Sie wachte erst auf, als die Familie ein Jubelgeschrei ausstieß beim Auspacken der mitgebrachten Herrlichkeiten. Nur Mama meinte etwas verwundert: „Herrjes, Papa hat jawoll das große Loos gewonnen.“ Aber das tiefere Bewußtsein bekam Annita auch dann nicht zurück, als sie mit den anderen plauderte und scherzte. Der große Gegenstand war eine Puppenaussteuer für Angela Rothermunds siebenjährige Nichte. Hemdchen und Röckchen und Schürzchen, von allem sechs Stück und fein mit Seide gezeichnet, nur von den Taschentüchern hatten es natürlich zwölf sein müssen, davon braucht man ja immer so viele! Mama gerieth in Ekstase vor ihrem eigenen Werk: „Gott, wenn ich als Kind so was geschenkt gekriegt hätte!“ seufzte sie mit gefalteten Händen; in ihren Augen schimmerte eine Thräne.
Papa, der mit einer großen Handbewegung unter die Nippsachen fuhr, um Platz für den „Hamburger Korrespondenten“ zu machen, den er mit weit von sich
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 265. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/273&oldid=- (Version vom 19.8.2019)