„Ach, das bißchen Verstauchte ist doch morgen wieder gut!“ brummte Adelheid, die Nase unter der Decke.
„Nein, das meine ich nicht, ich meine seelisch, weißt Du.“
„Was Du Dir immer einbildest! Wieso denn?“
„Er hat es, fürchte ich, noch immer nicht überwunden“, flüsterte Annita, „vom Sommer, weißt Du“ – –
Adelheid wurde wach und aufmerksam. „Ach, glaubst Du? der arme Mensch, das wäre ja sehr – – dann könntest Du stolz sein, Ita.“
„Darum war ich so viel um ihn, – ich wollte ihm wenigstens meine Freundschaft beweisen“, stotterte Annita. „Ich freute mich deshalb sehr, daß er hinfiel – nein, Du mußt nicht falsch verstehen, – nicht, daß er hinfiel, aber daß er sich weh gethan hat“ – –
„Wir wollen ihn zusammen pflegen“, sagte Adelheid gerührt, und die Freundinnen verstanden einander und küßten sich innig. „Er hat ja keine Eltern!“
„Keine Schwester!“ fiel Annita ein.
„Niemand, der sich recht um ihn bekümmert.“
„Niemand auf der ganzen Welt.“
Sie seufzten und küßten sich wieder.
„Adelheid! ich komme mir so schlecht vor!“
„Nein, Ita, Du bist nicht schlecht, das weiß ich besser!“
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/253&oldid=- (Version vom 31.7.2018)