Kichern, – ziemlich lange hatte das gedauert. Was die nur zu lachen hatten? Worüber sie wohl sprachen? Natürlich über diesen verrückten Adolf. Und von ihr auch? Ach nein, hoffentlich nicht. Wie gênant und abscheulich, daß er gerade ihretwegen sich so gehabt und angestellt hatte! Ja, Adelheid hatte gut schlafen, was ging es die an! In die hatte sich dieser Mensch nicht verliebt! Wie grausig! Annita fühlte eine Gänsehaut auf ihren Armen trotz der Hitze, die inwendig in ihr brannte und ihre Lippen ausdörrte. Also das war die berühmte Liebe, von der in allen Gedichten und Geschichten die Rede ist? aus der die Leute so entsetzlich viel machen, als wäre sie der Anfang und das Ende des Lebens. „Lieben und geliebt zu werden ist das höchste Glück auf Erden.“ Aber das ist doch einfach unmöglich! Ein Mensch wird ganz toll und blind und verändert, und dann nennt man das verliebt und macht Gedichte darüber? Herrgott, was für eine unverständliche greuliche Geschichte! Gesetzt den Fall, – Mama Severin hätte Adolf ins Zimmer gelassen – was dann? Annita hatte gezittert und sich die Augen zugehalten, nein, der Gedanke war zu schrecklich, den konnte sie nicht weiter denken. Nehmen wir mal an, daß Adelheid nicht da gewesen wäre, und daß er zu Mama Severin gesagt hätte: „Liebe Tante, laß mich mit Annita allein,“ dann wäre er natürlich gleich gekommen und hätte sich mit ihr verlobt. Wie
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/227&oldid=- (Version vom 31.7.2018)