Achselzuckend und geärgert wollte der Student auf sein Zimmer zurückkehren, als auch die Doktorin vor ihrer Thür erschien und ihn mit ein wenig scheuer und bekümmerter Miene bat, einen Augenblick bei ihr einzutreten.
Jetzt kommt die Exekution, dachte er, und folgte widerwillig in das hübsche Eckzimmer, dessen Fenster so mit Blumentischen voll Palmen und Aralien besetzt waren, daß nur grünes Dämmerlicht in der Mitte des Raumes herrschte.
„Bitte, daß Sie sitzen, Herr Doktor.“
Sie kann mir ja gleich kündigen, wozu die Liebenswürdigkeit und die Umschweife? dachte er und lehnte sich an den Bücherschrank, während die Frau an einem winzigen Schreibtisch Platz nahm, der ganz auf ihr Körpermaß zugeschnitten schien.
„Ich habe Ihnen etwas so Unangenehmes zu sagen,“ begann sie und legte den Kopf in den Nacken, um ihn anzusehen, während ein leises Roth ihr in die Wangen stieg, „ich für mein Theil habe so große Freude gehabt an Ihrem Spiel gestern Abend, es hat mich in vergangene Tage versetzt, so ich selbst musicirte, aber nun – der Hausbesitzer ist ein roher, widriger Mensch, er sei gestört worden –“ Sie hatte ein grau-braunes Couvert vom Tische genommen, es zitterte leicht in ihrer Hand.
Iversen’s Zorn war verflogen; das gute Frauchen
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/21&oldid=- (Version vom 19.8.2019)