schattenlose Chaussee überschreiten, wo die Staubwirbel noch nicht zur Ruhe gekommen sind. „Fehlt Dir etwas? Du machst immer solch Gesicht! Ist es nicht wahr, Mama?“
„Ihr zwei Turteltauben!“ zärtlich klopft Mama dem Schwiegersohn mit dem Sonnenschirm auf die Schulter.
„O, die Tauben sind schlimme Thiere! Grausame Thiere! Neidisch, rechthaberisch, eifersüchtig,“ ruft er zwischen Spott und scheinbarem Ernst.
Toni kichert. „Das ist ja ganz was Neues! Wer hat denn das wieder entdeckt?“
„Vor unserer modernen Wissenschaft ist nichts verborgen,“ fährt er spöttelnd fort.
„Eure moderne Wissenschaft ist sehr klug, ihr hört wohl das Gras wachsen?“
„O, das schon sehr lange. Dieser Marsch in der Sonne ist aber entschieden zuviel für unsere verehrte Mama; sobald wir ein Schattenplätzchen gefunden haben, muß Mama ruhen, wir beide laufen dann in den Park und füttern die Schwäne.“
„Was wird da bestimmt? Ich nicht mitkönnen? Aber, lieber Schwiegersohn, das wäre das erste Mal. Wo meine Kinder bleiben, da bleib’ ich auch.“
Heroisch stapft Mama durch den Sand, vorüber an der mühsam sickernden Fontaine; der Teich liegt regungslos unter der dichten Decke von Wasserlinsen.
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/147&oldid=- (Version vom 31.7.2018)