Regen, dicke Güsse aus der Dachrinne, rings die vielen vielen ausgespannten Baumblätter. Er horchte auf einen Laut von oben, doch bleib es still. Erst später erinnerte er sich der Weisung, die Lampe zu löschen. Doch schlief er auch dann noch nicht, sondern blieb in einer sonderbaren Verfassung zwischen Aufregung und Unlust wach. Seine Bräutigamsstimmung war wie weggeblasen.
Der erste Dämmerschein des Morgens trieb ihn auf. Es regnete nicht mehr, schwarzes und fahlgelbes Gewölk in zerrissenen Streifen stand im Süden und Osten. Wie er aus dem kleinscheibigen Fenster zwischen den Fichten und Eichen über die weichen, zum Bach abfallenden und jenseits wieder aufsteigenden Rasenflächen blickte, erkannte er auch das „Schloß“ dort drüben, sein grauer epheuumsponnener Erker war hierher in den Park gerichtet. „Das Beste ist, ich schleiche mich davon, was brauchen die dort mich zu sehen.“
Er sah sich nach einem Schreibgeräth um, riß einen Zettel aus seinem Taschenbuche und schrieb darauf:
Ehe Sie erwachen, eile ich davon. Nie habe ich herrlicher geschlafen, als auf ihrem kurzen Sopha, und den Eindruck einer unbeschreiblichen Güte Ihres Wesens nehme ich mit fort. Ich fühlte mich nach Indien oder Arabien oder in eine brasilianische Hazienda versetzt,
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/128&oldid=- (Version vom 31.7.2018)