„Aber nur so Menschen?“
„Nein. – Und verzeihen Sie, daß ich Sie auf eine Inkongruenz aufmerksam mache. Vorhin forderten Sie nur Individualitäten, sagten, daß nur Individuen, nicht Gattungswesen Sie interessirten –“
„Allerdings, und –“
„Wie können Sie vom Individuum den Geschlechtsbegriff trennen? Wenn Sie ein Bild malen, können Sie ein Menschenbild machen? Mann oder Weib, Kind oder Greis’ aber nur Mensch? Das gibt’s nicht!“
Sie erröthete flüchtig.
„Gibt es doch.“
„Ich wäre neugierig!“ Er rückte sich zusammen.
„Ich rede nicht von Bildern, aber es gibt doch Dinge, – Empfindungen, allgemein Menschliches, wo das Geschlechtsbewußtsein gar nichts dreinredet.“
„Ich glaube, das Bewußtsein ist immer gefärbt –“
„Und so vergessen Sie in keiner Sekunde, daß Sie ein Mann sind, fühlen sich nie als Mensch?“
„Mann und Mensch bedeutet dasselbe, gnädiges Fräulein.“
„Und Weib und Mensch etwa nicht?“
„Nein, das habe ich nie für gleichbedeutend genommen.“
„Und wenn Sie vom Menschen als Gattungsbegriff sprechen, als Produkt der verschiedensten Einflüsse, wie Sie vorhin sagten, wenn Sie sagen: der
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/123&oldid=- (Version vom 31.7.2018)