dieser Hochsommerzeit mochte auch all das kleine Wassergeäder ausgetrocknet sein. Was für einem Fluß konnte er hier begegnen?
Seine Geographie ließ ihn im Stich. Es ging steil in eine Schlucht hinab, ein Blitzzucken zeigte ihm einen Thalgrund, Wiesen mit Baumgruppen, aber keinen Wasserspiegel. Und doch rauschte es, und lauter und näher. Er fühlte nachgiebigen und moorigen Boden unter den Stiefel, einen feuchten Hauch und den Duft von Heu und Wasserminze. Dann fand er eine Art Damm, die Bäume traten zurück, und er stand zwischen zwei Weihern, einer größer als der andre; sein Streichholz beleuchtete nur eine kleine, dunkle Fläche; aber eben zerriß eine messerscharfe blaue Linie den dunklen Himmel, und er übersah die tief ringsum herabhängenden Weiden, einen halb mit Wasser gefüllten Kahn und, weiter fort in der Mitte des großen Weihers ein geisterhaft weißes unerkennbares Etwas, das über dem schwarzen Grund zu schweben schien.
Zurück? Oder vorwärts?
Die Möglichkeit, sich vollends zu verirren und im Walde den Morgen erwarten zu müssen, machte ihn zaudern. Und das Rauschen kam nicht von den Teichen, die lagen träg und schläfrig.
Der Morgen wird kommen, und Toni wird ihn vergebens erwarten, – wer hat denn auch denken
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/104&oldid=- (Version vom 19.8.2019)