„Ja, du lieber Himmel, von was soll man denn reden! Ist’s, weil man Dich nicht mehr drin sieht, oder weiß der Himmel aus welch’ anderem Grunde, – jedenfalls ist die Welt jetzt in eine Spießbürgerlichkeit ausgeartet, die sich nicht beschreiben läßt. Wahrlich, im Vergleich zu der tugendhaften Langenweile des Hoflebens von Choisy waren die letzten Tage von Versailles ein Carneval. Man konnte wenigstens die Choiseulisten ein wenig ärgern. Wie besorgt sie sich zeigten um das Seelenheil des Königs, diese guten Leute, diese Freisinnigen, diese Voltairianer. Rührend war’s mit anzusehen! Du weißt, ich halt’s mit den Jesuiten, bin auch gewiß dafür, daß ein König standesgemäß stirbt, id est mit allem landesüblichen Ceremoniell. Je nun, als ob sich’s ihnen darum gehandelt hätte, den Choiseulisten – nicht die Spur! … Nur darum, mit der armen Du Barry ein Ende zu machen. Hm! Hast Du gehört, wie ich den alten Beaumont, den Erzbischof von Paris, empfing?“
„Nein,“ erwidert Letorière, auf das Geschwätz des alten Herrn nur mit halbem Ohr hörend.
Ossip Schubin: Etiquette. Paetel, Berlin 1887, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Etiquette_Schubin_Ossip.djvu/43&oldid=- (Version vom 31.7.2018)