Kreuzweise über dem innern Bregenzerwald, nur durch
das Flußgebiet der Ache von einander geschieden, liegen die
beiden Walserthäler. Das eine derselben geht an der Breitach
hin, die unter dem bayerischen Marktflecken Oberstdorf mit
andern Bächen vereint die Iller bildet und heißt das äußere,
untere, oder kleine Walserthal; das andere läuft dem
Lutzbache entlang, der im Wallgau in die Ill fällt und wird
das innere, obere, oder große Walserthal genannt. Ueber
Herkunft der Bewohner dieser Thäler haben wir schon oben
in Kürze gesprochen; weitere Ausführung versparen wir bis
die Höhe von Damils erreicht ist. Die nationale Verbindung
zwischen den Ansiedlern an der Lutz und jenen an der
Breitach ist durch den Schrecken, das Dorf am Tannberg hergestellt;
denn die Leute des Schreckens gehören ebenfalls zu
den Walsern, und „sind sich, wie Bergmann sagt, bewußt, daß
sie keine Urbewohner, sondern Einwanderer sind. Im Schrecken
hält sich bei weitem der größere Theil, die ausgedehntesten Geschlechter
Walch und Jochum, für Abkömmlinge aus der Schweiz,
aus Wallis. Betrachtet man die auffallende Aehnlichkeit, welche
sie mit den obern und untern Walsern haben, in Hinsicht auf
Sprache, Kleidung, Charakter, Geschlechtsnamen, Bauart ihrer
Wohnungen, Beschäftigung u. s. w., so läßt sich ihre gemeinsame
Abstammung mit den Walsern nicht verkennen." Wir
werden nun jene beiden Thäler durchwandern, zuerst das kleine,
das sich ins bayerische Allgau mündet und nur von diesem
aus einen fahrbaren Zugang hat, und dann das große, das
sich gegen Süden öffnet.
Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_074.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)