unbekannt, Adolf Böttger (Übersetzer): Die blutige Rache einer jungen Frau | |
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Talente hatten von Jugend auf die grösste Aufmerksamkeit erregt, da seine Schriften an Schönheit unübertroffen waren. Als er wegen der dreijährigen Prüfungen nach der Stadt Chan gan (Peking) reiste, wurde er durch eine Kupplerin, Paou die Elfte, mit einem jungen Freudenmädchen von ausgezeichneter Schönheit, Namens Seaou yuh (der kleine Jaspis), bekannt. Sie genossen heimlich die Freuden der Liebe, und, da Seaou yuh sich sehr gewandt in Poesie, Schönschreiben, Musik etc. zeigte, so verbanden sie sich bald durch einen feierlichen Eid, dass sie sich nie anderwärts verheirathen wollten. Le yih ging darauf in die Prüfungen und beim Scheiden stellte er seiner Geliebten einen Termin seiner Rückkehr fest. Als er aber das Ziel seines Ehrgeizes erreicht hatte und als Mandarin angestellt war, verheiratheten ihn seine Eltern an eine Andere, in Folge dessen das Band seiner früheren Liebe zerrissen wurde. Seaou yuh nahm ihren Kopfputz ab und sandte ihn durch einen Boten, um zu erfahren, wie die Sachen stünden. Zufällig hörte eine Art von Abenteurer ihre Geschichte und er fand Mittel und Wege, Le yih mit Seaou yuh zusammen zu bringen. Das junge Mädchen drückte seine Hand, zerfloss in Thränen und starb an gebrochenem Herzen. Seit dieser Zeit ging ein eigenthümlicher Wechsel in Le yihs Wesen vor. Sobald er eine Frau erblickte, wandte er sich mit Abscheu und Missbehagen ab. – Dreimal war er verheirathet und doch wollte ihm kein Weib anstehen und bei seinem Tode wagte Niemand sich ihm zu nähern. So war er zum Einsiedler verdammt als Vergeltung für seine frühere Grausamkeit.
unbekannt, Adolf Böttger (Übersetzer): Die blutige Rache einer jungen Frau. Wilhelm Jurany, Leipzig 1847, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_blutige_Rache_einer_jungen_Frau.djvu/087&oldid=- (Version vom 31.7.2018)