vom Ausgang des Krieges hängt außerordentlich viel ab. Vorläufig können wir von wesentlichen Erfolgen Frankreichs nicht sprechen, und der Lorbeerkranz, den der Admiral d'Estaing in der Oper entgegennahm, war dem Ort entsprechend nur Theater für das Volk. Wir haben uns, seit dem Zeitalter des großen Königs, der Siege so entwöhnt, daß wir geneigt sind, jeden kleinen Erfolg zu einer Heldentat aufzubauschen. Der König ist besonders überschwenglich bei solcher Gelegenheit, aber Orden und Titel, die er freudig ausstreut, vermögen den Epigonen nicht die Größe ihrer Ahnen zu verleihen.
Sie fragen nach der Stimmung des Hofs. Ich habe mich so viel als möglich zurückgezogen, kann also aus eigener Anschauung nur wenig berichten. Wenn man nach der Menge der Feste und Empfänge urteilen könnte, müßte sie sehr rosig sein, aber da Feste um so weniger ein Ausdruck des Vergnügens sind, je mehr sie zur alltäglichen Gewohnheit werden, so sind sie kein Gradmesser für die Laune der Fürsten.
Ich traf die Königin im Juni in Ermenonville, wohin ich der Einladung der liebenswürdigen Madame de Girardin gefolgt war. Ein göttlicher Landsitz! Rousseau selbst hätte sich für seine ewige Ruhe keinen schöneren Ort aussuchen können. An seinem Grabe auf der Pappelinsel, wo die hohen Bäume in lichtem Hoffnungsgrün prophetisch
Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/268&oldid=- (Version vom 31.7.2018)