von einem „stillen Landaufenthalt in Etupes,“ der Ihnen geboten würde; Ihr Einwand, daß Sie sich mit Ihrer „deformierten Gestalt“ nicht sehen lassen könnten, ist also in diesem Fall nichts als ein leerer Vorwand. Sie würden zu gesellschaftlichen Triumphen gar keine Gelegenheit haben, die Beeinträchtigung Ihrer Schönheit hätte also keinerlei Konsequenzen. Da Ihnen Froberg überdies so unbehaglich ist, würde Ihnen das sonnige Etupes gerade jetzt doppelt wohltätig sein, und die Fürstin würde es in ihrer Güte an hingebendster Pflege nicht fehlen lassen.
Aber die Auseinandersetzung über die Frage der Einladung war ja nur das Vorspiel der Szene, die Sie mit einem unleugbaren Talent für die Rolle einer tragischen Heldin mir dann vorzuführen die Güte hatten. Ich glaubte, Sie damit zu besänftigen, daß ich Sie an die notwendige Rücksicht auf das Kind erinnerte, aber ich warf damit nur neue Nahrung in das Feuer ihres Zorns. „Rücksicht auf das Kind?!“ schrieen Sie, ohne bemerken zu wollen, daß Gaillard sich in unverhohlener Neugierde vor Ihren offenen Fenstern zu schaffen machte, „ich will – ich will kein Kind von Ihnen! Ich schäme mich dieses Kindes!“
Ich hoffe, Sie schämen sich jetzt Ihres eigenen Benehmens, das ich in ihre Erinnerung zurückgerufen habe, um es Ihnen wie einen Spiegel vorzuhalten.
Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/085&oldid=- (Version vom 31.7.2018)