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Seite:De Die Liebesbriefe der Marquise (Braun).djvu/062

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Rang, die heute etwas darin suchen, sich über gute Formen hinwegzusetzen, könnten sich an ihr ein Beispiel nehmen.

Abends war große Soirée im Schloß. Ich hatte die Freude, den Marschall Morangiès zu treffen, der seiner eben erfolgten Freisprechung wegen ein Gegenstand allgemeiner Beglückwünschung war. Seine Geschichte stand im Mittelpunkt der Diskussion, und man war sich einig über die ausschlaggebende Rolle, die Monsieur Linguet und Herr von Voltaire dabei gespielt haben. Linguet scheint ein Advokat und Schriftsteller ersten Ranges, dabei freilich ein skrupelloser Mensch zu sein. Er hat die Marotte, sich stets dem allgemeinen Urteil des Volks entgegenzusetzen und ist auf diese Weise aus einem Republikaner und Freigeist der Verteidiger aristokratischer und klerikaler Interessen geworden. Daß Herr von Voltaire ihn im Fall Morangiès unterstützte, hat jeden, der seine Vergangenheit kennt, überrascht. Es wirkt eigentümlich, diesen berühmten Mann obskurer Herkunft in seiner Verteidigungsschrift plötzlich als Wortführer des französischen Adels auftreten zu sehen, und zu erfahren, wie er mit der nirgends zu überhörenden Stimme eines Herolds für den Schutz unserer gefährdeten Ehre zu den Waffen rief. Er hat es tatsächlich erreicht, daß alle ehrgeizigen Krämer glaubten, es genüge, sich öffentlich zur Partei Morangiès zu erklären, um für einen Edelmann gehalten zu

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/062&oldid=- (Version vom 31.7.2018)