Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses. | |
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fragte ich, was denn das für eine Botschaft sein solle. Daß ich unschuldig sei? Daß ich dankbar sei für die mir bezeigte Sympathie? Oder was sonst?
„Never mind,“ rief er aus, „die passenden Ausdrücke werde ich schon finden. Wird ein ganz famoser Artikel werden. Mit der Ihnen hier in England zuteil gewordenen Behandlung sind Sie doch zufrieden?“
Ich schaute lächelnd zu meinen beiden Wächtern hinüber, die sich mit großem Eifer einem guten Abendessen widmeten – o ja, ich war zufrieden mit der mir in England zuteil gewordenen Behandlung. Ich könnte bloß wünschen, daß man mich in Deutschland ebenso gut behandelte. Aber das sei ja wohl nicht anzunehmen.
Nein, bekräftigte der Mann der Presse, das sei allerdings nicht anzunehmen. England sei eben England, und Deutschland Deutschland. Ein etwas rückständiges Land. In mancher Beziehung sozusagen mittelalterliche Zustände. Er sei nie dort gewesen. Aber jetzt werde er wohl hinkommen, da ihm sicherlich die Berichterstattung über meinen Prozeß anvertraut würde. Er freue sich darauf, denn es werde ein Sensationsprozeß allerersten Ranges werden. Ob ich ihm nicht einigen Aufschluß geben wolle über den gegenwärtigen Stand des Verfahrens.
Ich lehnte das ab. Die Zeit sei dazu auch zu kurz.
Oh, versicherte er eifrig, das würde kein Hindernis sein. Er sei bereit, mit nach Harwich zu fahren und noch weiter. Unterwegs hätten wir die schönste Zeit. Natürlich werde er alles, was ich ihm sage, streng diskret behandeln und von der gemeinsamen Reise kein Sterbenswörtchen verlauten lassen.
„Und was wird Mr. Smith dazu sagen?“ fragte ich neugierig.
„Na, den kriege ich schon herum. Sagen Sie ja, und die Sache wird gemacht.“
Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Die Idee gefällt mir nicht.“
Er sah, es war mir Ernst mit meiner Weigerung. Schade, meinte er, es wäre ihm wirklich ein Vergnügen gewesen.
Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.. Ullstein, Berlin 1925, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Das_Todesurteil_(Hau).djvu/43&oldid=- (Version vom 31.7.2018)