Zum Inhalt springen

Seite:De Das Todesurteil (Hau).djvu/28

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.

einen Mr. Stan ausgestellt. Ich erkläre dem Beamten den Irrtum. Er kratzt sich hinter den Ohren, überlegt und entscheidet dann, daß ich bis auf weiteres Mr. Stan bin. Ich protestiere. Hilft nichts. Zwei Monate lang, von der Einlieferung bis zur Entlassung, habe ich den Namen behalten. Man ist sehr konservativ in England.

Nächste Station: das Badezimmer. Es ist gerade der schönste Radau im Gange. Ein alter Irländer sträubt sich mit Händen und Füßen gegen die ungewohnte Prozedur. Man muß ihn mit Gewalt entkleiden, dann wird er in einen der Verschläge hineingeschleppt und die Brause aufgedreht. Zuerst tobte der Vergewaltigte noch eine Weile fort, dann aber schien ihn der warme Wasserstrahl doch nicht so unangenehm zu berühren, das Schimpfen ging in ein wohliges Grunzen über. Schallendes Gelächter der Aufseher und Gefangenen. Das erboste nun den Mann von der grünen Insel wieder, er überschüttete seine Widersacher und die gesamte englische Nation mit einem Hagelschauer von Invektiven. Der Lärm wurde so toll, daß ein Inspektor hereingestürzt kam und mit barscher Stimme Ruhe gebot. Aber als jetzt der Alte herausgelassen wurde und pudelnackt und triefend vor ihm herumtanzte, den heiligen Patrick anrufend als Rächer der ihm widerfahrenen Unbill, konnte auch er das Lachen nicht verbeißen.

Auf das Bad folgte die ärztliche Untersuchung. Abermals verging eine endlose Zeit mit Warten, nur, daß man jetzt das Sprechen nicht mehr untersagte, wahrscheinlich, damit die Leute nicht im Stehen einschliefen. Auch wurde Tee verabreicht, soviel einer haben wollte, dazu Weißbrot. Einer der Inspektoren kam zu mir und fragte, ob ich ein Souper zu bestellen wünschte, Preis eine halbe Krone, aus einem benachbarten Restaurant; sehr empfehlenswert, das Souper, von hervorragender Güte; er wurde so eindringend, man hätte auf den Gedanken kommen können, daß er Prozente davon bekam. Um ihn loszuwerden, sagte ich

Empfohlene Zitierweise:
Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.. Ullstein, Berlin 1925, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Das_Todesurteil_(Hau).djvu/28&oldid=- (Version vom 31.7.2018)