Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses. | |
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Ein Korrespondent, der mich in Konstantinopel gekannt hatte, zog sich den Unwillen des Staatsanwalts in solchem Grade zu, daß er sich die schnödeste Behandlung gefallen lassen mußte; noch heute läuft ihm die Galle über, wenn er daran denkt.
Ein Schwager von mir, Oberstleutnant a.D., sagte aus, er habe sofort, nachdem er von dem Morde Kenntnis erhalten, mit Entschiedenheit erklärt, es könne niemand anders der Täter gewesen sein als ich. Entwarf dann ein Bild meines Charakters, das den Staatsanwalt entzückt haben muß. Auf die Frage des Verteidigers, wo er denn Gelegenheit gehabt habe, sich mit der Persönlichkeit des Angeklagten so genau vertraut zu machen, gab er zu, mich nie gesehen zu haben. – Ähnlich wie er sprachen sich die anderen Mitglieder der Familie aus.
Nur meine Schwägerin Olga nicht. Der Verteidiger stellte einige Fragen an sie, die schlecht im Einklang standen mit dem Versprechen, das er mir gegeben hatte, Familiengeschichten nicht zur Sprache zu bringen. Ob ihr etwas davon bekannt sei, daß in Paris zwischen meiner Frau und mir ein Zerwürfnis stattgefunden habe? Nein, es sei ihr nichts davon bekannt. Ob ihr etwas davon bekannt sei, daß meine Frau eifersüchtig gewesen – ihretwegen? Nein. Ob diese Eifersucht grundlos gewesen sei? Ja. Es hätten aber doch zwischen ihr und mir schon vor Jahren gewisse Beziehungen bestanden, in Ajaccio und später in Montreux.
Weitere Fragen in dieser Richtung zu stellen, verhinderte ich ihn. Aber das Unheil war nun einmal losgebrochen. Der Vorsitzende wandte sich an die Zeugin mit der Frage: „Gnädiges Fräulein, der Verteidiger hat von Beziehungen gesprochen, die zwischen Ihnen und dem Angeklagten bestanden hätten. Wollen Sie uns nicht sagen, welcher Art diese Beziehungen waren?“
„Freundschaftlicher Art. Wir verkehrten in Ajaccio und Montreux viel zusammen.“
„Und später?“
Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.. Ullstein, Berlin 1925, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Das_Todesurteil_(Hau).djvu/123&oldid=- (Version vom 31.7.2018)