Im Laderaum und in der Kombüse jetzt alles still. Die Meuterer hatten gegessen, waren wohl bis auf die Wachen in die Kojen gekrochen.
Ob ich’s wagte? – Es blieb ein gefährliches Spiel. Wurde ich außerhalb unseres Schlupfwinkels abgefaßt, – was würde dann aus Gerda?!
Dennoch: Gerda brauchte Kleidung, Schuhe, Strümpfe …
Ich erhob mich. Ich tappte zur Waffenkiste. Zwei Mauserpistolen, die Hosentasche voller Patronen: das war besser als eine halbe Flasche Kognak! Ich wollte wissen, was aus Boche Boche und den beiden Jörnsens geworden. Gerdas Andeutungen vorhin ließen vermuten, daß Jörnsens nicht mehr lebten. – Wie unbegreiflich Gerda war! Weshalb hatte sie mir nicht wenigstens über diesen Punkt Aufschluß gegeben?!
Ich schlich zur Tür. Betastete die beiden Riegel, hielt die Wolldecke hoch, schob die Riegel langsam zurück. Sie waren gut geölt. Dann zog ich die niedere kleine Tür, die sich so tadellos jedem unkundigen Auge verbarg, langsam auf. Meine Nerven meldeten sich nicht. Damals, als ich aus meiner Zelle ausgebrochen war und nach einer bangen, langen Stunde endlich bis oben auf das hohe Dach gekommen, hatte mein Herz gehüpft. Heute schlug es kaum merklich schneller.
Nur Handbreit zog ich die Tür auf. Ein Blick in den erleuchteten Vorratsraum hinein genügte. Vier lagen dort auf Decken, eng beieinander. Ihre Füße waren dicht vor mir. Ich schloß die Tür wieder. Die Decke fiel herab, und ich tastete mich zu der Kiste zurück.
Max Schraut: Das tote Hirn. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1930, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_tote_Hirn.pdf/99&oldid=- (Version vom 31.7.2018)