Mein verrostetes Taschenmesser hatte einen Korkenzieher. Ganz langsam öffnete ich eine der Kognakflaschen, wie ich mich überhaupt aufs vorsichtigste bewegte, denn jetzt waren ein paar der Feinde auf der anderen Seite im großen Laderaum zu hören. Wahrscheinlich suchten sie Proviant.
Gerda trank in kleinen Schlucken. Ich hatte mich neben sie gesetzt und die Lampe auf den Gewehrständer gelegt und die Linse mit einem Fetzen Papier umhüllt, damit der Lichtschein gedämpft würde.
„Das Schicksal treibt ein merkwürdiges Spiel mit uns,“ sagte ich flüsternd aus tiefem Sinnen heraus.
Gerda reichte mir den Becher … „Trink’ aus, Olaf … – Wir selbst sind unser Schicksal. Wer sich vom Leben treiben läßt, ist ein Schwächling. Du bist es nicht, Olaf, und ich auch nicht … Wir sind beide durch eine harte Schule gegangen.“
„Was weiß ich von dir, Gerda, – nichts! Aus dem lieben kleinen Mädel ist eine junge Dame geworden … Achtzehn Jahre, Gerda, fast zwei Jahrzehnte … Nein, ich kenne deine Lebensschule nicht. Und ich darf nicht fragen …“
Ich trank. Der Kognak duftete. Und Feuer rann mir ins Blut …
Gerda saß da, die Unterarme auf den Knien, den Kopf gesenkt und schwieg. Ich sollte nicht fragen. Das war Unnatur …
„Gerda!“
„Olaf?“ Sie schaute vor sich hin …
„Begreifst du nicht, daß unsere Lage gegenseitige Offenheit verlangt?“
„Gewiß … – Wir werden den Kutter zurückerobern … Was ich beantworten darf, was
Max Schraut: Das tote Hirn. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1930, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_tote_Hirn.pdf/96&oldid=- (Version vom 31.7.2018)