Er nickte, zündete seine Zigarette an und reichte mir das Zündholz … Dieses leichte Kopfnicken war abermals eine Bestätigung dessen, was mir seine dünne, gekrümmte Oberlippe verraten hatte: Er war’s gewöhnt, seine Person als bevorzugt behandelt zu sehen! – Ich hatte ja ihm und Jörnsen nur erklärt, ich sei Chauffeur und durch einen unglücklichen Zufall von der „Drottning Viktoria“ in die See gestürzt. Ob sie mir’s geglaubt hatten, erschien mir vorläufig ohne Belang. –
Polternde Schritte über uns, und dann kam Holger Jörnsen in seinen schweren Seestiefeln die schmale Treppe hinabgestampft, – Jörnsen mit seinem grauen Kinnbart und der von Wind und Wetter gegerbten faltigen Gesichtshaut, ein echter Jan Maat alten Schlages. Breitbeinig pflanzte er sich vor dem Tischchen auf. In Rücksicht auf Boche Boche, der des Schwedischen nicht mächtig war, fragte er in seinem holperigen Deutsch: „Na – satt jetzt, die Herren? – Und nun?“
Unter seinen dicken Augenbrauen, die ihm bis auf die Oberlider hinabhingen, blitzten ein Paar junge Augen, deren nadelscharfer Blick jetzt auf mir haften blieb.
„Und nun, Herr Gunnar Aalfström? – Nicht viel Worte, denke ich … Ehrlich Spiel! Als ich heute früh Trelleborg mit meinem Kutter verließ, schnüffelte ein Polizeiboot nach einem gewissen Ingenieur Olaf Karl Abelsen … Der war nachts aus dem Zuchthaus M… entflohen … – Geht mich nichts an, die Sache, zumal der Herr Abelsen die zwei Jahre Zuchthaus nicht verdient haben soll …“
Sein Blick ruhte unverwandt auf mir …
Max Schraut: Das tote Hirn. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1930, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_tote_Hirn.pdf/40&oldid=- (Version vom 31.7.2018)