Tatsächlich brachte sich Timpsear jedoch nur ein nur ihm bekanntes chemisches Präparat bei, das die Lebensfunktionen für eine bestimmte Zeit vollkommen zum Aussetzen zwingt und dem menschlichen Körper dabei alle Merkmale des wirklich eingetretenen Todes verleiht. Bekanntlich hatte nun der Amerikaner eine Art Testament hinterlassen, in dem er bestimmt hatte, daß seine Leiche seinem Freunde Thomas Shepperley zur Bestattung ausgeliefert werden sollte. Dieser Shepperley hat es dann verstanden, durch ihm von Timpsear schon vorher bezeichnete Gegenmittel den Scheintoten wieder ins Leben zurückzurufen. Statt des Verbrechers wurde darauf ein mit Steinen gefüllter Sarg beerdigt. Das Grab ist jetzt von der Polizei geöffnet und in der Tat leer gefunden worden. – Timpsear, der durch das Eingreifen des Detektivs Schaper sich in seinen verbrecherischen Plänen gestört sah, suchte sich nun an diesem zu rächen. Mit Hilfe gefälschter Ausweispapiere ließ er sich mit Shepperley in dem Städtchen Gauben nieder und benutzte hier den unter den Einwohnern verbreiteten Aberglauben von dem zeitweiligen Auftauchen eines grauen Gespenstes in dem Garten der Mönchsabtei für seine Zwecke, indem er dem Eigentümer des einsamen Gehöftes, dem Kaufmann Wernicke, zunächst den „Geist“ zeigte, den der zur selben Zeit anscheinend erkrankte Shepperley darstellen mußte. Zur Aufklärung dieser Gespenstergeschichte wurde sodann Fritz Schaper hinzugezogen. Inzwischen war der vorher genannte Charles Deprouval, der Charlotte Wendel mit Hilfe eines aus dem englischen Generalkonsulat entwendeten offiziellen Briefbogens nach Berlin gelockt hatte, mit dem jungen Mädchen heimlich bei Nacht von der Bahnstation Zergewo aus in der Mönchsabtei eingetroffen, wo ihr Timpsear als ihr Onkel vorgestellt wurde, der sich vor den Nachstellungen hartnäckiger Feinde dorthin geflüchtet haben
W. von Neuhof: Das graue Gespenst. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_graue_Gespenst.pdf/95&oldid=- (Version vom 31.7.2018)