zurückschreckten, um die Erbschaft an sich zu reißen.“
Heinz Gerster hatte mit gespanntester Aufmerksamkeit dem ausführlichen Bericht des Detektivs gelauscht, ohne ihn jedoch auch nur ein einziges Mal zu unterbrechen. Jetzt sagte er ganz erregt, indem er auf den vor ihm liegenden Brief Käti Deprouvals deutete …
„Vielleicht führt dieses Schreiben Sie auf die Spur Charlotte Wendels. Bevor ich es Ihnen jedoch vorlese, hören Sie die Geschichte einer … unglücklichen Liebe, die in einem holsteinischen Fischerdorfe beginnt, bei der das Scheitern einer Brigg eine Rolle spielt und die nun … mit einem wehen Akkord ausklingt … Es kann nicht sein …“
Nachdem Heinz Gerster alles berichtet hatte, was ihm der Aufenthalt an der holsteinischen Küste Heiteres und Trübes gebracht hatte, nahm er den Brief Frau Kätis zur Hand.
Vor einer Stunde erhielt ich Ihre Zeilen, die mir Ihre baldige Ankunft hier in München anzeigen. – Heinz Gerster, warum quälen Sie mich so …? Warum sprechen Sie zu mir von Ihrer Liebe, Ihrer Sehnsucht, – zu mir, die Ihnen nie etwas sein darf, … nie! Warum ließen Sie es nicht bei jenem Abschied bewenden, jenen Minuten, wo wir selbstvergessen mit klopfenden Herzen dicht aneinander lehnten …? Wozu stören Sie meinen schwer erkämpften Herzensfrieden? Hätten Sie doch Erbarmen mit mir gehabt …! Ich gebe es ehrlich zu: Ich bin nicht stark genug, Ihnen nochmals gegenüberzutreten. Deshalb fliehe ich … Und nur eine flehentliche Bitte formen meine Lippen: Vergessen Sie mich, suchen Sie mich nicht! – Ich kann Ihr Weib nie werden. Wirklich – es kann
W. von Neuhof: Das graue Gespenst. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_graue_Gespenst.pdf/52&oldid=- (Version vom 31.7.2018)