Kampf aufzunehmen, sondern zugleich und in erhöhtem Masse die völlig selbstlose, gemeinnützige Gesinnung, an die wir auch sonst stets appelliren, wo es gilt, socialen Schäden und Uebelständen Abhülfe zu gewähren. Der Egoismus hat das Trinkgelderunwesen ins Leben gerufen, der Egoismus und die gemeinnützige Gesinnung mögen sich die Hand reichen, um es wieder auszurotten. Man wende nicht ein, dass dasselbe einmal zu fest eingewurzelt sei, und dass der Einzelne nichts dagegen vermöge. Ich werde nachweisen, dass selbst der Einzelne im beschränkten Kreise demselben mit Erfolg entgegentreten kann, und was dem Einzelnen nicht möglich, vermögen Mehrere, die sich zu dem Zwecke verbinden, vermag ein Verein, vermag die Organisation des Widerstandes und Kampfes in Form der Association.
Ich werde im Folgenden den Operationsplan entwerfen, wie meiner Ansicht nach das Trinkgelderwesen in seinen zwei allein in Betracht kommenden Ausartungen: dem in Gasthöfen und öffentlichen Wirthschaften und dem Domestikentrinkgeld, mit Aussicht auf Erfolg bekämpft werden kann. Die Vorschläge, die ich zu machen gedenke, bilden für mich nicht eine blosse Zugabe zu meinen bisherigen Erörterungen, welche ich zur Noth auch hätte weglassen können, sondern die praktische Spitze meiner ganzen Kritik des Trinkgelderwesens, ohne welche ich gar nicht
Rudolf von Jhering: Das Trinkgeld. Georg Westermann, Braunschweig 1882, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Trinkgeld.pdf/53&oldid=- (Version vom 31.7.2018)