irgend etwas Ungewöhnliches in Bedienung, Speise, Trank erreichen will, muss zu diesen drei Posten noch einen vierten: einen Ueberschuss des Trinkgeldes über das allgemein übliche Mass, hinzufügen – das Trinkgeld in seiner ursprünglichen Gestalt.
Es möchte noch darum sein, wenn C., der seine Hand nach Trinkgeld ausstreckt, nur eine einzige Person wäre! Aber hinter C. versteckt sich in Wirklichkeit eine ganze Schar von Personen: der Portier, der Oberkellner, der Zimmerkellner, der Kellner im Gastzimmer, der Hausknecht, das Stubenmädchen, der Kutscher vom Hotelomnibus, der uns die Sachen an den Wartesaal der Eisenbahn bringt; in wohlorganisirten Hotels zieht sich der Hausknecht, der dies ebenso gut besorgen könnte, bei unserem Verlassen des Gasthofes rücksichtsvoll zurück, um auch dem Kutscher seinen Antheil am Trinkgeld zukommen zu lassen.[1] Es fehlen nur noch Koch und Köchin, um das Bild eines ökonomischen Spiessruthenlaufens beim Verlassen des Gasthofes vollständig zu machen.
Mit der Vertheuerung der Preise allein ist es dabei nicht gethan. Das ist bloss die ökonomische
- ↑ In einem Hotel an einem der oberitalischen Seen, in dem ich mich vor Kurzem einige Tage aufhielt, gesellte sich noch der Gärtner mit einem Blumenstrauss hinzu – eine Blumensprache, der man die Eigenschaft, verständlich zu sein, nicht absprechen konnte; ich war dort genöthigt, ein siebenfaches Trinkgeld zu zahlen.
Rudolf von Jhering: Das Trinkgeld. Georg Westermann, Braunschweig 1882, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Trinkgeld.pdf/35&oldid=- (Version vom 31.7.2018)