Geringern Werths verfälscht das gute Geld,
Weshalb ich dort der Flamm’ anheimgefallen.
Und Jeder, der zum Laster mich verführte,
Ich gäbe drum den schönsten Quell der Welt.[2]
Er jüngst den Einen auf in dieser Nacht.
Doch da dies Uebel meine Glieder schnürte,
Um im Jahrhundert einen Zoll zu schreiten,
Ich hätte schon mich auf den Weg gemacht,
Mag’s in der Rund’ auch sich eilf Miglien ziehn,[3]
Und minder nicht als eine halbe breiten.
Denn er hat mich verführt, daß ich den Gulden
An schlechterm Zusatz drei Karat verliehn.“
Die, dampfend, wie im Frost die nasse Hand
Fest an dir liegend, ihre Straf erdulden?““
Als ich hierher geschneit nach Minos Winken,
Und werden ewiglich nicht umgewandt.
Liegt Sinon mir, berühmt durch Troja’s Roß.
Im faulen Fieber liegen sie und stinken –“
[173] Daß Meister Adams Wort ihn so verhöhnte,
Gab auf den harten Wanst ihm einen Stoß,
Doch in das Angesicht des Andern warf
Herr Adam die gleich harte Faust und stöhnte:
Doch ist mein Arm noch, wie du eben spürtest,
Noch frei und flink zu solcherlei Bedarf.“
Du nicht den Arm schnell, wie er eben war,
Doch schneller, da du einst den Stempel führtest.“
Doch stelltest du in Troja kein Exempel
Von einem so wahrhaft’gen Zeugniß dar.“
Hier bin ich doch für einen Fehler nur,
Du aber dientest stets in Satans Tempel.“
Ihn Jener an mit dem geschwollnen Bauche,
„Qual sei dir, daß es alle Welt erfuhr.“
Die stets zum Bollwerk blähet deinen Wanst,
Und Durst, der deine Zung’ in Flammen tauche!“
Dein Maul zerreiße dir für solch Erfrechen!
Wenn du mich dürstend, schwellend sehen kannst,
Spräch’ Einer kurz: Sauf’ aus den ganzen Bach!
Du würdest dessen wohl dich nicht entbrechen.“
Da rief Virgil: „Nun, wirst du endlich kommen?
Zu lange sah’ ich schon der Neugier nach.“
Wandt’ ich voll Scham zu ihm das Angesicht,
Und fühle jetzt noch mich von Scham entglommen.
- ↑ 76. Guido, einer der Grafen von Romena, und dessen Brüder Alessandro und Aghinolfo.
- ↑ [78. Im Original Fontebranda, ein hochberühmter prachtvoller Brunnen in Siena.]
- ↑ 86. Vgl. Ges. 29. V. 8 und die Anmerkung.
- ↑ 97 u. 98 Potiphars Weib, und Sinon, Fälscher der Rede, weil jene den Joseph, den sie vergebens zur Unkeuschheit verführen wollte, fälschlich anklagte, – dieser den Trojanern über das von den Griechen zurückgelassene hölzerne Roß falsche Auskunft gab. Beide liegen am faulen Fieber darnieder. [„Wie alle Frauen in Dante’s Hölle, außer Franziska von Rimini, spricht auch Potiphars Weib nichts.“ Notter.]
- ↑ 100. Der hier folgende Streit zwischen den Sündern ist ganz aus der Natur gegriffen, wie jeder Aufseher in einem Zuchthause bezeugen [173] wird. Indessen ist diese Art, sich zu höhnen, den hier bestraften Sündern nicht eigenthümlich, sondern gehört allen gemeinen und schlechten Naturen an. Das Beste ist die Lehre, daß kein besser Gebildeter solchem Streite Aufmerksamkeit schenken soll. (V. 145.)
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 172 bzw. 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_172173.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)