Selbst die Franzosen sind ja nichts daneben.““
Rief: „Mag nur Stricca ausgenommen bleiben,[1]
Der all’ sein Gut so klüglich angewandt;
Daß er zuerst die Braten wohl gewürzt,
Dort, wo dergleichen Lehren wohl bekleiben;
In dem Caccia d’Ascian sammt seinem Witze
Auch Wald und Weinberg durch den Schlund gestürzt.
Den Blick auf mich, und stelle dich dahin,
Gerade gegenüber meinem Sitze;
Metall verfälscht’ ich, daß ich Gold erschaffe,
Und, sah ich recht, so ist dir’s noch im Sinn,
Ob Semele’s, in Zorn auf Thebens Blut,
[169] Wie sie so manches Mal gezeigt durch Thaten,
Daß er, als auf sein Weib der Blick gefallen,
Das jeden Arm mit einem Sohn belud,
„Die Löwin sammt den Jungen sei gefaßt!“
Dann streckt’ er aus die mitleidlosen Krallen;
Gepackt, geschwenkt und am Gestein zerschlagen,
Ertränkte sie sich mit der zweiten Last.
Die stolzen Troer trieb, sein Rad gewandt,
So daß zusammen Reich und Fürst erlagen,
Geopfert die Polyxena erblickte,
Und sie ihr Mißgeschick an Thraciens Strand
Da bellte sie, wahnsinnig, wie ein Hund,
Weil Schmerz den Geist verkehrt’ und ganz bestrickte.
Von einer Wuth, die Vieh und Menschen packte,
Wie ich hier sah in diesem zehnten Schlund.[7]
- ↑ 125. Man sieht leicht, daß diejenigen Herren von Siena, welche hier vom Vorwurfe der Eitelkeit ausgenommen werden, gerade die eitelsten und liederlichsten waren. [Der Leser bemerke auch V. 123!]
- ↑ 130. Zu Dante’s Zeit soll, wie Benvenuto d’Imola mit vielen lustigen Nebenumständen erzählt, eine Gesellschaft von zwölf reichen jungen Leuten in Siena ihr ganzes Vermögen in Geld verwandelt, dadurch eine Summe von zweimalhundert und sechszehntausend Floren zusammengebracht und auf einen Haufen zusammengeworfen haben, um davon, so lange es gehen wollte, lustig zu leben. In zehn Monaten wußten sie mit diesem Vorrathe fertig zu werden.
- ↑ 133. Der Verdammte half dem Dante, indem er ihm noch manche Thatsachen nachwies, den Vorwurf der Eitelkeit, welchen er V. 121 den Einwohnern von Siena gemacht hatte, besser zu begründen.
- ↑ 136. Capocchio, wie man sieht, von Dante im Leben persönlich gekannt, ein Alchymist, der in Siena verbrannt worden war. Daher ist er wohl so bereit, Schlimmes von dieser Stadt zu sagen.
- ↑ XXX. 1. Semele, Tochter des Kadmus, gebar vom Zeus den [169] Bacchus. Juno verfolgte darauf aus Eifersucht das Geschlecht des Kadmus, besonders die Schwester der Semele, Ino, welche den jungen Bacchus gesäugt hatte. Deshalb entflammte sie den Gemahl derselben, Athamas, mit rasender Wuth. Nachdem er den ältesten Sohn Learchus an einem Felsen zerschmettert hatte, jagte er sie mit dem jüngern, dem Melicertes, bis zu einer Felsenspitze, von welcher sie sich in’s Meer stürzte. So ward zugleich der stiefmütterliche Haß bestraft, mit welchem Ino die Kinder der ersten Gemahlin des Athamas, Phryxus und Helle, verfolgt hatte.
- ↑ 16. Hekuba, die Gemahlin des Priamus. Ihre Tochter Polyxena wurde dem Schatten des Achilles geopfert. Den Leichnam ihres Sohnes Polydorus fand sie an Thraciens Küste.
- ↑ 24. Zwei Fälscher der Person, d. h. solche, welche durch Betrug bewirkten, daß man ihre Person für die eines Andern hielt, brechen als wüthende Tobsüchtige hervor, und tragen dazu bei, Andere noch mehr zu quälen. Ein besonderes Verhältniß des Verbrechens zur Strafe dürfte hier kaum zu erkennen sein. Die Strafe gleicht der, mit welcher Ges. 13 V. 112 ff. diejenigen gezüchtigt sind, welche ihrem Gut Gewalt angethan haben. Auch Ges. 7. V. 112 finden wir eine ähneliche Darstellung.
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 168 bzw. 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_168169.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)