So wisse: Viel versprechen, wenig halten,[1]
Dadurch wird deinem Stuhl der Sieg verliehn. –
Mich heimzuführen; doch ein Teufel kam,
Und sprach: Halt’ ein, denn den muß ich erhalten.
Weil ich, seitdem er jenen Trug gerathen,
Ihn bei dem Schopf als meine Beute nahm.
Doch wer bereut und Böses will, der muß
Wohl mit sich selbst in Widerspruch gerathen.
Als er mich faßt’ und, mich von dannen reißend,
Sprach: Meintest du, ich sei kein Logicus?
Den harten Rücken, bei dem achten Mal
Ausrief, sich in den Schweif vor Ingrimm beißend:
Und also ward ich von dem Schlund verschlungen,
Und geh’ im Feuerkleid zu ew’ger Qual.“
Da ging sogleich die Flamme jammernd fort,
Das Horn gedreht und hin und hergeschwungen.
Zur nächsten Brück’ auf rauhen Felsenpfaden,
[157] Und sah im Grund, den Lohn empfangend, dort
Das Blut, das ich hier sah, die Wunden sagen,
Erzählt’ er auch die Kunde fort und fort.
Da Sprach’ und Geist zu eng und schwach erscheint,
So Schreckliches zu fassen und zu tragen.
Die, in Apulien’s Schicksalsau’n erschlagen
Von Römerhand, den eignen Tod beweint;
Wo man so große Beut’ an Ringen fand,
Wie Livius schreibt, der Wahrheit pflegt zu sagen;
Weil’s gegen Robert Guiscard ausgezogen;
Auch das, deß Knochen modern dort im Land
Auch das von Tagliacozzo, wo Alard,
Der Greis, durch List die Waffen aufgewogen;
- ↑ 110. Bonifaz ließ, auf Guido’s Rath, den Colonna völlige Verzeihung und Wiedereinsetzung in alle ihre Güter und Würden anbieten, wenn sie ihm Preneste übergeben würden. Kaum aber war die Uebergabe erfolgt, als er die Stadt von Grund aus zerstören ließ. – Die Vorwürfe, welche in dem großen Streite zwischen den Kaisern und Päpsten den letzteren gemacht worden waren, sind hier in Hinsicht eines Hauptgegenstandes derselben mit solcher Klarheit und Schärfe ausgesprochen, daß wir den Dichter als einen der ersten und kräftigsten Protestanten anerkennen müssen. Und wer vermag zu bestimmen, wie weit hin ein solches Wort gewirkt – wie es zu den späteren Ansichten über den Ablaßkram beigetragen, und welchen Einfluß es auf die Ereignisse gehabt habe, die in den nächsten Jahrhunderten sich zutrugen. [S. die Vorbemerkung S. 6 ober u. zu Ges. 11. V. 8. (Anastasius).]
- ↑ 124. Vgl. den Anfang des fünften Gesanges. – [Der Zug, daß er sich in den Schweif beißt, ist neu und könnte nur darauf deuten, daß Minos in gewissem Sinn zugleich das eigene Gewissen der Sünder repräsentirt.]
- ↑ [157] XXVIII. 7–18. Diese Verse enthalten Hindeutungen auf blutige Schlachten, die in den Samniterkriegen unter Decius Mus bei Maleventum, in den Kriegen zwischen den Römern und Karthaginiensern, zwischen den Normannen und Sarazenen und Griechen, und zwischen Manfred und Karl von Anjou vorfielen. Im Einzelnen bemerken wir nur bei V. 11, daß nach der Schlacht bei Cannä Hannibal mehr als drei Scheffel Ringe, welche erlegten römischen Rittern abgezogen worden, nach Karthago geschickt haben soll – und bei V. 16, daß bei Ceperano eine Schaar Puglieser (Apulier) von Manfred zu Karl von Anjou überging [während Dante aber irrthümlich dort eine Schlacht annimmt, welche vielmehr bei Benevent erfolgte] – endlich bei V. 18, daß die Schlacht von Tagliacozzo, in welcher Karl von Anjou von Konradin bereits fast völlig geschlagen war, durch Erard (oder Alard) von Valery, welcher mit einer kleinen, aber noch unversehrten französischen Schaar den unvorsichtig verfolgenden [158] Kriegern Konradins in den Rücken fiel, noch von den Franzosen gewonnen wurde. [Mit Recht spricht also der Dichter von „Apuliens Schicksalsau’n“ = schicksalsreichem Boden, da die fünf erwähnten Schlachten alle theils auf dem Boden theils um den Besitz Apuliens gestritten wurden.]
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 156 bzw. 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_156157.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)