So sei nicht härter, als ich andre fand.““
Wie Feuer braust; sie regte hin und her
Das spitze Haupt und gab dann diese Hauche:
Nach jener Welt ich jemals möglich glaubte,
So regte nie sich diese Flamme mehr.
So sag’ ich ohne Furcht vor Schand’ und Schmach,
Was mich hierher stieß und des Heils beraubte.
Um mich vom Fall durch Buß’ emporzurichten;
Gewiß geschah auch, was ich mir versprach.
Er hat mich neu den Sündern beigesellt;
Wie und warum? das will ich jetzt berichten.
Da ward ich nimmer mit dem Leu’n verglichen,
Doch öfters wohl dem Fuchse gleichgestellt.
War ich geschickt, in ihrer Uebung schlau,
Und drum berühmt in allen Himmelsstrichen.
Uns dringend mahnt, das hohe Meer zu scheuen,
Und einzuziehn das Segel und das Tau,
Ward Mönch und that nun Buß’ am heil’gen Ort,
Ach, und noch konnt’ ich mich des Heils erfreuen!
Im Krieg, mit Juden nicht und Türkenschaaren,
Vielmehr am Lateran und nahe dort,
Die nicht bei Acri mitgesiegt, und nicht
Des Sultans Land als Schacherer befahren!) –
Und nicht den Strick, der meinen Leib umfangen,
Der Jeden mager macht, den er umflicht.
Ihm Hülf’ und Rath beim Aussatz zu verleihn,
So sollt’ ich jetzt als Arzt auf sein Verlangen
Im Anfang wollt’ ich mich der Antwort schämen,
Denn eines Trunknen schien sein Wort zu sein.
Ablaß ertheil’ ich dir, mich lehre du:
Wie fang ich’s an, Preneste wegzunehmen?
Denn beide Schlüssel sind mir übergeben,
Die Cölestin vertauscht um träge Ruh.[5]
Und da nun Schweigen mir das Schlimmste schien,
So sprach ich endlich: Vater, da du eben
- ↑ [67. Guido, Graf von Montefeltro, durch Tapferkeit wie durch List gleich berühmt V. 75, zeigte erstmals sein Feldherrntalent als Führer der Ghibellinen in den Kämpfen von 1272–81, wo er Sieg um Sieg errang: sodann an der Spitze der Pisaner gegen Florenz mit Genua und Lucca. – Von Martin mit dem Bann belegt, von Cölestin V. wieder gelöst, von Bonifaz VIII. sehr geehrt und in Wiederbesitz aller seiner noch eingezogenen Güter gesetzt, trat er plötzlich, der Welt und seines Ruhmes müde, zu Ancona in den Franziskanerorden, um sich einer – wie Dante auch in seinem „Gastmahl“ anerkennt – offenbar sehr ernst gemeinten Buße zu unterziehen. Nun fiel aber eben in jene Zeit, 1296–1298, des Papstes Kreuzzug gegen die römische Adelsfamilie der Colonna’s. Nachdem er ihnen Nepi genommen, wollte der nimmersatte Kirchenfürst auch ihren letzten Zufluchtsort Preneste, das jetzige Palästrina bei Rom, an sich bringen; und um diesen Hochmuth (V. 97) durchzusetzen, ließ er Guido im Kloster um einen Rath bitten. Guido konnte nicht widerstehen, das V. 106 ff. Erzählte anzugeben, was Bonifaz getreulich ausführte. Dante aber versetzt um dieses üblen Rathes willen den kühnen Kämpen, der um 1298 dann im Kloster gestorben sein soll, hieher in die Hölle.]
- ↑ 70. Bonifaz der Achte.
- ↑ [155] 85. Wie den Papst selbst, verabscheut der Dichter seine Kardinäle und Prälaten. – Bonifaz kämpfte nicht gegen die Sarazenen, von welchen die Christen wieder aus dem heiligen Lande vertrieben wurden, nicht gegen diejenigen, welche ihnen beistanden und ihnen alle Bedürfnisse zuführten, sondern gegen die edle römische Familie Colonna.
- ↑ 94. Constantin bat den heiligen Sylvester, ihn vom Aussatze zu befreien, und dieser bewirkte die Heilung, indem er den Kaiser taufte.
- ↑ 105. Ueber Papst Cölestin vgl. Anm. zu Ges. 3. V. 59. 60.
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 154 bzw. 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_154155.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)