Wie sie die Zähne fletschen und mit Drohn
Nach uns die tief gezognen Brauen kehren.““
Laß sie nur fletschen ganz nach Gutbedünken,
Sie thun dies nur zu der Verdammten Hohn.“
Nachdem vorher die Zunge Jeder wies,
Hervorgestreckt, dem Hauptmann zuzuwinken,
Die Mustrung rücken, in die Feinde brechen,
Auch wohl sich schwenken und zurückefliehn,
Ihr Aretiner, einst euch hart bedrohn;
Sah Festturnier’ und große Lanzenstechen;
Sah Rauch und Feuer auch als Kriegeszeichen,
Und fremd’ und heimische Signale schon;
Ich hier gehört, das Volk zu Roß und Fuß,
Zu Land und Meer, noch vorgehn oder weichen.
Doch wußt’ ich, daß man Säufer in den Schenken,
Und Beter in den Kirchen suchen muß.
Um ganz des Orts Bewandtniß zu erspähn,
Und welche Leut’ in diese Glut versänken.
Mit den gebognen Rücken oft verkünden,
Zeit sei’s, sich mit den Schiffen vorzusehn;
Taucht’ oft ein Sünder-Rücken auf und schwand
Im Peche dann so schnell, wie Blitze schwinden.
Mit Beinen, Bauch und Brust im Wasser stecken,
Die Schnauzen nur nach außen hingewandt;
Allein, wenn sie den Sträubebart erschaut,
Sich schleunig in dem heißen Pech verstecken.
Nur Einen harren, wie, wenn all’ entsprangen.
Ein einz’ler Frosch noch aus dem Pfuhle schaut.
Schlug ihm den Haken ins bepichte Haar,
Und zog ihn auf, Fischottern gleich, gefangen.
Seit ihrer Wahl, und daß mir nichts entfalle,[4]
Nahm ich der Namen dann im Sprechen wahr.
Auf diesen Wicht und zieh ihm ab das Fell.“
So schrien zusammen die Verfluchten alle.
Wer hier in seiner Feinde Hand gerathe?
Wer ist wohl der unselige Gesell?““
Ihn fragend: wer er sei? wo sein Geschlecht?
„Ich bin gebürtig aus Navarra’s Staate.[5]
- ↑ XXII. [Mag man in der folgenden sog. „Teufelshetze“ eine besondere, mehr oder weniger sinnreiche Beziehung auf das zu bestrafende Laster der Bestechlichkeit finden oder nicht – s. Anm. zu Ges. 21, 1 Schluß, S. 117: so viel muß auch der Vereher des Dichters gestehen, daß sie unter diejenigen Stellen der Hölle gehört, in denen Dante über das Maaß der reinen Schönheit hinausgegangen ist.]
- ↑ [4. Wahrscheinlich auf einen Kriegszug der Florentiner gegen Arezzo 1228 zu beziehen.]
- ↑ [123] 19–30. Die Delphine verkündigen durch ihr Erscheinen auf der Oberfläche des Meeres den nahenden Sturm. Man wird übrigens nicht übersehen, wie trefflich der Dichter durch die beiden Gleichnisse das, was er darstellen will, anschaulich macht.
- ↑ [38. Seit ihrer Auswahl – die in Ges. 21, V. 118 ff erzählt ist.]
- ↑ 48. Der hier sprechende Verdammte soll Giampolo heißen, welcher [124] seine Verhältnisse in den nächsten Versen selbst hinreichend kund thut. Die Ausleger wissen nichts Näheres über ihn anzugeben. [Unter dem König ist wohl Thibaut II. von Navarra gemeint.]
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 122 bzw. 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_122123.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)