„Ich seh’ es wohl, du zeigst mir Liebesglut.“
Das Wie und Wann bestimmt, sie schwieg, und ich
That wohl, nicht fragend meinen Wunsch zu zeigen.
In Ihm, der Alles sieht, mich klar erschauend,
Und sprach: „Still’ jetzt den heißen Wunsch und sprich!“
Halt’ ich von dir mich einer Antwort werth;
Ich frag’, auf Sie, die mir’s gestattet, bauend:
Dich in der Freude birgst, aus welchem Grunde
Hast du zu mir dich liebevoll gekehrt?
Die Paradieses-Symphonie gebricht,
Die tiefer dort erklang im frommen Bunde?““
Weshalb Beatrix nicht gelacht, deswegen
Ertönt der Sang in diesem Kreise nicht.
Um mit der Red’ und mit dem Licht, das mir
Zum Kleide dient, dich freudig aufzuregen.
Nein, mehr und gleiche Liebe glüht in ihnen,
Die dorten sind, und Schimmer zeigt sie dir.
Dem ew’gen Rath, braucht, wen sie wählt, dabei,
Wie dir in dem, was du gesehn, erschienen.“[1]
- ↑ [72. In unsrer verschiedenen Vertheilung auf der Leiter. Diese ist also lediglich freie, über unser Denken erhabene, Wahl Gottes. – Mit diesem und den ff. Versen lenkt D. noch einmal auf die „Gnadenwahl“ zurück, indem er in V. 94–102 die Belehrung über dieselbe beschließt mit ähnlichen Worten, wie schon Ges. 20, 130 ff.; 19, 49 ff.; 13, 112 ff., deren Sinn und Meinung offenbar auf die absolute Unergründlichkeit, aber auch unbegrenzte Weite des göttl. Gnadenrathschlusses, unter Wahrung der creatürlichen Willensfreiheit, zielt. Vgl. zu Ges. 19, 33 am Ende und 17, 37 ff.]
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 527. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_527.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)