Zu eng, um jenes Gut darein zu bringen,
Das, endlos, sich nur mit sich selber mißt,
Er, nur ein Strahl von jenes Geistes Schein,
Der Urstoff ist und Grund von allen Dingen,
Um seinen Ursprung deutlich zu ersehen,
Denn Nebel hüllt für ihn so Tiefes ein;
Des Menschenblicks sich nur so weit erstreckt,
Als in den Grund des Meers die Augen gehen.
Doch nie im Meer, wie sehr sich’s müh’ und übe;
Grund ist dort, doch zu tief, und drum versteckt.
Kommt Licht – all Andres ist nur Dunkelheit,
Ist Schatten oder Gift der Fleischestriebe.
Dir lang verhehlt, jetzt offen dem Verstande,
Und ruhn wird nun in dir der Zweifel Streit.
So sprachst du, doch wer spricht von Jesus Christ,
Wer liest und schreibt von ihm in jenem Lande?
In That und Willen rein und unverdorben,
- ↑ 49. Kein kleineres Wesen (Gott, dem höchsten Wesen, entgegengesetzt) kann Gott fassen, da er nur in sich selbst für sich den Maßstab hat.
- ↑ [61 ff. Wieder ein treffendes Gleichniß für die Unzureichendheit der natürlichen Erkenntniß, welcher sofort in V. 64 ff. die Offenbarung gegenübergestellt wird.]
- ↑ [70–78 ist der fingirte Einwand des Dichters, des natürlichen Denkens. V. 79 ff. spricht der Geist wieder von sich aus, sich gegen jene Einwände wendend, mit dem, schon V. 64 vorbereiteten niederschmetternden Hauptgrund des Zeugnisses der h. Schrift – welches in diesem Falle allerdings eben selbst wieder dasjenige ist, welches die Kirche darin fand!]
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 514. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_514.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)