Ich ewig schau’ und die die Süßigkeit
Der Sehnsucht zeugt, vollkommner zu erquicken,
Von deinem Wunsch die Stimme, deinem Sehnen,
Und die Entgegnung drauf ist schon bereit.“
Mich schon versteht, und, lächelnd im Gesicht,
Hieß sie mich frei des Willens Flügel dehnen.
Sind, seit die erste Gleichheit ihr ergründet,
Bei Jeglichem von euch im Gleichgewicht,
Mit Licht und Glut, damit sogleich durchdringt,
Daß solche Aehnlichkeit man nirgend findet.
Sie sind aus dem euch offenbaren Grunde
Mit sehr verschied’ner Kraft zum Flug beschwingt.
Und danke deine Vaterliebe dir
Drum mit dem Herzen nur, nicht mit dem Munde.
Des edlen Kleinods, hell in Glanz entglommen,[3]
Still’ itzt, dich nennend, meine Wißbegier!““
In mir sieh deine Wurzel!“ So der Geist,
Und setzt’ hinzu, nachdem ich dies vernommen:
Der hundert Jahr’ und mehr für stolzes Wesen
Des Berges ersten Vorsprung schon umkreist,
- ↑ 64–69. Cacciaguida hat in Gott Alles gelesen, was Dante wünscht. Aber um die Liebe, auf die sein Geist ewig gerichtet ist, noch mehr zu erquicken, will er ihn sprechen hören. Von welcher außerordentlichen Schönheit dieser Gedanke ist, wird gewiß kein Leser von gesundem Gefühl und Urtheil unerkannt und unempfunden lassen.
- ↑ 73–84. Wille und Einsicht sind bei dem, der die erste Gleichheit, Gott, in dem Alles Harmonie ist, erkannt hat, immer im Gleichgewicht. Aber der Mensch kann nicht alles, was er will. So Dante jetzt, da er dem Cacciaguida danken möchte.
- ↑ [86. Des Kreuzes, das die Seligen bilden.]
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 487. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_487.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)