Des Tags der Sonne goldne Pfeil’ erneuern.
Am Himmel Punkte, klein und bleich, erglänzen,
So daß der Anblick wahr erscheint und nicht:
Noch zweifelnd, neue Wesen zu erspähn,
Weit außerhalb von jenen beiden Kränzen.
Des heil’gen Geist’s so plötzlich hell! – Geblendet
Konnt’ ihm mein Auge jetzt nicht widerstehn.
War sie so lachend schön, so hoch beglückt,
Daß solches Bild kein irdisch Wort vollendet.
Ich schlug es auf, und sah mich schon nach oben
Mit ihr allein zu höherm Heil entrückt.
Denn glühend lächelte der neue Stern,
Und schien von ungewohntem Roth umwoben.
Und nah’ gemeinsam ist den Völkerschaaren,
Bracht’ ich Dankopfer dar dem höchsten Herrn.
Eh’ ich die ganze Glut ihm dargebracht,
Daß angenehm dem Herrn die Opfer waren.
Sah ich aus zweien Schimmer-Streifen scheinen,[2]
Und rief: O Gott, du Schöpfer solcher Pracht! –
- ↑ 88. In der Sprache der Empfindung.
- ↑ 95–117. Der Dichter findet im Mars diejenigen, welche für Christum gestritten [vgl. Vorbem. zu Ges. 10.] Ihr vereinigter Glanz bildet in zweien Streifen, die sich durchschneiden, die Form eines Kreuzes. Diese Lichtstreifen mit ihren größeren und kleineren Lichtern vergleicht der Dichter der Milchstraße (Galassia). Die Lichter in diesem Kreuze bewegen sich so, wie wir in einem ganz verdunkelten Zimmer, in welches durch einen Spalt ein einzelner Lichtstrahl fällt, die, in ganz erleuchteten Zimmern nicht wahrnehmbaren Sonnenstäubchen sich schwebend bewegen sehen [112–117. Aber, zum Zeichen, daß es Selige sind, glühen sie in froher gegenseitiger Mittheilung und Liebe hier und dort auf, wenn sie zusammentreffen oder wenn sie aneinander vorüberziehen V. 110, 111.]
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 482. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_482.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)