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An Größ’ und Eigenschaften sehr verschieden,
Wie ihr verschiednes Ansehn kenntlich macht.
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Wär’ dies durch Dünn’ und Dichtigkeit entschieden,So gäb’s in Allen ja nur eine Kraft,
Die diesem mehr, dem minder wär’ beschieden.
70
Doch der verschiedne Bildungsgrund erschafft[1]Verschiedne Kräft’, und alle diese schwänden,
Nach deinem Satz, vor einer Formungskraft.
73
Denn, wenn die Flecken durch die Dünn’ entständen[2]So denke, daß entweder hier und dort
Sich durch und durch stoffarme Stellen fänden;
- ↑ 70. Bildungsgrund, principio formale, das bildende Princip, die Kraft, nach welcher die Formen sich bilden [scholastisch]. Eine der größten der großen Schwierigkeiten, welche dem Uebersetzer der göttlichen Komödie besonders in diesem dritten Theile sich entgegenstellen, liegt darin, daß wir keine, die Begriffe der scholastischen Philosophie darstellenden deutschen Worte haben, und daß die lateinischen zum größten Theil nicht angewandt werden können.
- ↑ 73–111. [Der kurze Sinn dieser, poetisch höchst unerquicklichen Stelle, ist der: die Mondflecken schreiben sich nicht von einer ganz oder theilweise durchsichtigen Mondsubstanz her, sondern von verschiedener Kraft des, auf dieselbe fallende Fixstern- bezhdl. Empyreums-Lichts, V. 112 ff. Für Leser, welche Dante’s Beweisführung hierüber näher verfolgen mögen, lassen wir die folgende Streckfuß’sche Anm., mit Hinweis auf die einzelnen Verse, stehen.] Die Falschheit der vom Dichter geäußerten Meinung wird von Beatricen nicht nur durch das Vorhandensein und die Nothwendigkeit verschiedener Kräfte, sondern auch durch Gründe der Optik und der Katoptrik widerlegt. Würden die lichteren und dunkleren Flecken im Monde durch die größere oder geringere Dichtigkeit des Stoffs auf den verschiedenen Stellen hervorgebracht, so wären zwei Fälle denkbar. Entweder ginge der minder dichte, das Licht nicht zurückwerfende, sondern es durchlassende Stoff durch den ganzen Durchmesser des Mondes; oder er läge nur, wie eine Schicht, auf der Oberfläche, und hinter ihm folgte der dichtere Stoff. – Im ersten Falle würde, wenn der Mond zwischen die Sonne und zwischen die Erde tritt und eine Sonnenfinsterniß entsteht, das Licht durch jene durchsichtigen Stellen des Mondes fallen, der die Verfinsterung bewirkende Mondschatten also einzelne glänzende Punkte zeigen, was bekanntlich nicht zu bemerken ist. Im zweiten Falle würde das Licht zwar nicht von der ersten durchsichtigen Schicht, wohl aber von der dahinterliegenden dichtern zurückgeworfen werden [V. 82–87.] Dann aber würde dasselbe, wenn auch kleiner am Umfange, doch nicht minder hell erscheinen [88–96]. Dieses wird durch das V. 97 bis 105 ausgeführte Beispiel von drei Spiegeln bewiesen.]
Empfohlene Zitierweise:
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 408. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_408.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 408. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_408.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)