Und hinter sich, durch ihren Wink allein,
Die Frau, mich und den Weisen, der geblieben.
Die sie gegangen und uns gehen lassen,
Da blitzt’ in’s Auge mir des Ihren Schein.
„Komm’ näher her, daß, red’ ich nun mit dir,
Du wohl vermögend seist, mein Wort zu fassen.“
Da sprach sie: „Bruder, bist mir nah’ gekommen,
Doch zu erfragen wagst du nichts von mir?“
Mit seiner Obrigkeit ein niedrer Mann
Halblaut und stockend spricht und kaum vernommen,
„„O Herrin, ihr erkennt ja mein Verlangen,
Und was ich brauch’ und was mir frommen kann.““
Ich will’s, und rede sicher nun und wach
Und nicht wie Einer, der im Traum befangen.
Er ist nicht; doch der Schuld’ge wiss’: es scheute,
Vor keinem Zauber je sich Gottes Rach’![2]
Der Adler sein, der ihm die Federn ließ,
Drob er erst Ungeheuer ward, dann Beute.
- ↑ [22. „Bruder“; neue Anrede an den jetzt Geläuterten, Gerechtfertigten! B. ahnt, daß D. die vorangehende Vision nicht ganz verstanden habe, aber nicht wage, sie darüber zu befragen.]
- ↑ [36 ff. „Der Wagen war und ist nicht mehr,“ wieder aus Offenb. 17, 8. Durch die in Ges. 32 geschaute Mißordnung und weltliche Buhlerei ist die Kirche, in ihrem rechten Bestand, vernichtet. Der daran Schuldige, ob nun Dante Bonifaz VIII., der eben im Jahr 1300 regierte (vgl. Parad. 27, 24), Clemens V. oder Philipp den Schönen meint, braucht nicht genannt zu werden; denn Gottes Rache kennt und trifft ihn sicher, sie, die vor keinem menschlichen Zauber, wörtlich „Sühnmahl“, sich scheut! Nach damaligem Glauben war nämlich ein Mörder dann vor der Blutrache sicher, wenn er innerhalb neun Tagen auf dem Grab des Ermordeten Brod und Wein genossen hatte, weshalb die Gräber so lange bewacht zu werden pflegten.]
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 390. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_390.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)