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Seite:Chemnitz am Ende des XIX Jahrhunderts in Wort und Bild.pdf/41

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zunächst aus 71 Mitgliedern bestand, sein Lokal im „Gasthof zur Krone“ hatte und die Liverpooler Depesche über Hamburg bezog. Die Vermehrung der Mitgliederzahl, die Geschäftserweiterung des neuen kaufmännischen Instituts und die grosse Bedeutung, welche die Chemnitzer Börse als erste Warenbörse für Deutschland erlangte, machten dem Unternehmen sehr bald schon die Errichtung eines eignen Heimes nötig. Durch eine Anleihe verschaffte sich der rührige Verein die Mittel. Man erwarb als Bauplatz zwei Häusergrundstücke an der Ecke der Zwingergasse und Poststrasse; im Juni 1865 konnte bereits die Konkurrenz ausgeschrieben werden. Den ersten Preis unter den 67 eingegangenen Entwürfen erhielt der des Architekten Lipsius-Leipzig, und unter dessen Oberleitung wurden die Chemnitzer Maurer- und Zimmermeister C. E. Haase und F. G. Ancke jr. mit der Ausführung des Baues beauftragt.

Am 10. Oktober 1865 erfolgte die feierliche Grundsteinlegung. Die Kriegsunruhen von 1866 verzögerten den Bau nur wenig, und am 25. Juni 1867 konnte der damalige Landesherr, S. Majestät König Johann, die Schlusssteinsetzung vollziehen. Noch heute bildet das Börsengebäude mit seinen beiden Ecktürmen, mit seiner arkaden- und säulengeschmückten Hauptfassade und mit seinen architektonisch feingegliederten Nebenfronten eine Zierde des Beckerplatzes und der Poststrasse, und ein reges Leben entwickelt sich alltäglich in ihren Räumen. Denn zu den ursprünglichen regelmässigen Notierungen des Liverpooler Baumwollenmarktes sind solche der wichtigsten deutschen, europäischen und amerikanischen Waren- und Geldmärkte gekommen; hier gehen alle sonstigen für Chemnitz wichtigen Handels- und politischen Nachrichten ein, und hier wird allwöchentlich einmal die für Chemnitz und das Erzgebirge so wichtige Getreidebörse abgehalten.


Die Reichsbank.

Ein zweites, für den Chemnitzer Geschäftsverkehr überaus wichtiges Institut ist die im Jahre 1875 errichtete Reichsbankstelle Chemnitz, zu deren Ressort die Reichsbanknebenstellen Crimmitschau, Glauchau, Meerane und Zwickau gehören und der der Bezirk der Kreishauptmannschaft Zwickau, ausschliesslich der Amtshauptmannschaften Plauen, Ölsnitz und Auerbach, sowie die Bezirke der Amtshauptmannschaft Rochlitz und der Amtsgerichte Waldheim und Hainichen als Geschäftsbezirk überwiesen sind. Bis zum Jahre 1885 war die Chemnitzer Reichsbankstelle in dem Hause Annabergerstrasse No. 39 untergebracht. Bereits Anfang 1884 hatte man auf einem Grundstück der Kronenstrasse mit der Errichtung eines eignen Reichsbankgebäudes begonnen. Der im italienischen Renaissancestil gehaltene Rusticabau ist nach den Grundrissskizzen des Königlich Sächsischen Landbaumeisters Temper in Chemnitz aufgeführt, während die Fassaden und die Detailierung vom Königlich Preussischen Regierungsbaumeister Hasak in Berlin herrühren. Bereits am 1. November 1885 konnte das schöne Bauwerk, dessen Gesamtkosten sich auf rund 200 000 Mark beliefen, seiner Bestimmung übergeben werden.



Empfohlene Zitierweise:
: Chemnitz am Ende des XIX Jahrhunderts in Wort und Bild. Körner & Lauterbach, Chemnitz ca. 1900, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Chemnitz_am_Ende_des_XIX_Jahrhunderts_in_Wort_und_Bild.pdf/41&oldid=- (Version vom 14.3.2025)