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Seite:Carstens Werke 3. Band Argonautenzug.pdf/19

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Tafel 7. Abschied von den Frauen auf Lemnos.

Auf der Weiterfahrt langten die Argoschiffer vor Lemnos an, wo die Frauen, durch Vernachlässigung gereizt und durch Eifersucht gegen fremde Sklavinnen aufgeregt, die männlichen Bewohner der Insel getödtet hatten. Die Helden sandten einen Herold an das Land, worauf sie von der Königin Hypsipyle zu einem Besuche eingeladen wurden. Wechselseitige Liebe erwuchs schnell und in fröhlichem Leben verging Tag um Tag. Aber Herakles, der auf dem Schiffe zurückgeblieben war, machte seinen Genossen einen ernsten Vorhalt und drang auf schleunige Weiterfahrt. Dann heisst es beim Apollonios, der das lemnische Abenteuer sehr ausführlich (I. v. 608–921) schildert, weiter:

„Also schmäht’ er die Schaar; doch es wagete niemand, entgegen
Jetzt zu erheben den Blick noch erwidernde Worte zu sagen.
Als die Versammlung sich trennt’, da rüsteten jene die Abfahrt
Hastigen Sinns. Schnell kamen die Mägdlein, als sie es hörten.“

Der Dichter vergleicht diese Mägdlein nun mit einem Schwarm hellsummender Bienen und fährt fort:

 „also die Mägdlein
Schwärmten in Hast um die Männer herum mit jammernder Klage,
Und sie begrüsseten jeden, zugleich mit Händen und Worten,
Flehend empor, dass die Götter gewähreten frohe Zurückkunft.
Also flehete auch Hypsipyle, fassend Iason’s
Hand’, und vergoss um den Freund, um den scheidenden, Thränen der Wehmuth.“

Es folgen die Abschiedsreden der Königin und des Iason, vorzugsweise mit Wünschen und Anordnungen in Betreff des zu erwartenden Sohnes Beider.

„Dieses gesagt, ein stieg er, der vorderste. Alle die Edlen
Stiegen an Bord auch ein und sie fasseten jetzo die Ruder.“

Und in fröhlicher Ruderarbeit wurde die Reise fortgesetzt.

Pindar (v. 403 u. ff.) lässt die Helden erst auf der Rückfahrt den Besuch in Lemnos machen und verherrlicht besonders die Nachkommenschaft derselben, mit Bezug auf den Arkesilas von Kyrene, den sein ganzer Gesang feiert; nach Kyrene aber lässt er diese Nachkommenschaft endlich gelangen.

Der Koch’sche Text schildert ziemlich ausführlich den Hergang, ist jedoch nicht frei von einigen Irrthümern.

Auf der Carstens’schen Darstellung sieht man einige der Helden schon auf dem Schiffe stehen, darunter mit ernstem Gesichtsausdrucke den Herakles, in der linken Hand seine Keule haltend. Auf dem Lande befinden sich die Lemnierinnen, Lebensmittel noch herbeitragend; zwei Männer sind mit dem Einladen eines grossen Packens beschäftigt. Zwei andere sind am Hemmtau angeordnet; der kniende blickt nach Iason hin, um den Befehl zur Lösung des Taues von dem Uferpfahl zu erwarten. Doch Iason ist noch im Abschiede von der Hypsipyle begriffen.



Empfohlene Zitierweise:
Herman Riegel (Hrsg.): Carstens Werke. Dritter Band: Der Argonautenzug. Alphons Dürr, Leipzig 1884, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Carstens_Werke_3._Band_Argonautenzug.pdf/19&oldid=- (Version vom 14.2.2021)