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Seite:Bousset-S061.png

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hoc[1] opinati fuimus aliquando, und empfiehlt nunmehr eine doppelte Auslegung: donec finiantur mille anni, i. e. aut quod remanet de sexto die, qui constat ex mille annis, aut omnes anni, quibus deinceps hoc saeculum peragendum est (ib. 40, 443,10ff.). Nach der ersten Auslegung wäre Christus innerhalb des sechsten Jahrtausends geboren und das Ende käme also, wenn das, was noch übrig bleibt, vom sechsten Tage abgelaufen ist. Nach der zweiten, der Auslegung des Tic. (s. o. S. 59), umfassen die tausend Jahre wirklich die Zeit von der Geburt Christi bis zur Wiederkunft desselben. Doch ist die Zahl 1000 nicht wörtlich zu verstehen, sie ist gewählt, ut perfecto mumero notaretur ipsa temporis plenitudo (ib. 40, 441,16). Augustin verzichtet darauf die Endzeit zu berechnen[2].

Auch in seinen übrigen Ausführungen berührt Augustin sich vielfach teils zustimmend, teils polemisch, ohne ihn zu nennen, mit dem Kommentar des Tic. Namentlich ist er von der Methode des Tic. beeinflußt. Er spiritualisiert wie dieser. Nur an der Hoffnung der Wiederkehr des Elias XX 29 (40, 503), XX 30,5 (40, 511) hält er fest. Auch die Deutung des vierten Reiches in Dan 7 XX 23 (40, 487ff.) und des κατέχων in II Th 2 (XX 19 40, 473,9) auf das römische Reich hält er fest, erstere unter Berufung auf des Hieronymus’ Danielkommentar. Dagegen will er die Weissagung von zehn Königen, die am Ende der Welt herrschen sollen, nicht wörtlich verstanden haben. Die Nerodeutung kennt er, aber weist sie als Absurdität zurück XX 19,3 (40, 473,6). Ganz in den Bahnen des Tic. wandelt er, wenn er, das Tier XX 9,3 (40, 452,14ff.) auf die impia civitas deutend, fortfährt: imago vero eius simulatio eius mihi videtur in eis videlicet hominibus, qui velut fidem profitentur et infideliter vivunt. Mit Tic. endlich teilt er die Rekapitulationstheorie XX 17: „et in hoc quidem libro ... obscure multa dicuntur, ut mentem legentis exerceant, et pauca in eo sunt, ex quorum manifestatione indagentur cetera cum labore, maxime quia sic eadem multis modis repetit, ut alia atque alia dicere videatur, cum aliter atque aliter haec ipsa dicere vestigetur.

Weniger entschlossen als Ticonius und Augustin verfährt in der Methode Hieronymus. Er hat den Kommentar des Victorinus bearbeitet und das Ende desselben selbst geschrieben. Seine geschrobene und künstliche Auslegung von Apk 20,1ff.[3] beweist, daß H. den Ticonius nicht gelesen hat. In der Vorrede zum Kommentar des Victorin verspricht H., daß er einen eignen Kommentar schreiben wolle. Ob dieser Plan zur Ausführung gekommen ist, ist zweifelhaft. Jedenfalls liegt jener nicht in der Summa des Beatus-Kommentars vor, wie Haußleiter meinte. In einer Münchener Handschrift Cod. Lat. 14469 Saec. IX findet sich fol. 130 seq. ein kurzer Kommentar zur Apk[4] mit der Überschrift: Incipit commentarius sancti Hieronymi. Der Kommentar wird mit Hieronymus wenig zu tun haben. Wenn auch manche originelle und archaistische Auslegungen[5] (mannigfache Anklänge an


  1. D. h. die chiliastische Ausdeutung der tausend Jahre.
  2. Er gibt an, daß einige die Dauer der Kirche auf 400, 500 resp. 1000 Jahre berechnet haben ib. XVIII, 53,1. (40, 357,11ff.). — Augustin zeigt sich von allen Kirchenvätern, wenn man etwa von Origenes absieht, am skeptischsten gegen das ganze apokalyptische Getriebe. Bei ihm findet sich am wenigsten apokalyptisches Material.
  3. Den Chiliasmus verwirft H. bestimmt, in Dan 7,17 Vallarsi V, 671: cesset ergo milia annorum fabula.
  4. Vgl. Haußleiter a. a. O. 253.
  5. So die Bemerkung, daß die Zahl 666 juxta hebraeam linguam zu deuten sei (doch vgl. den Kommentar des Haymo)
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 061. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S061.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)