Gegen das Ende des dritten Jahrhunderts war Castra Vetera ein Trümmerhaufen, aber vor seinen zerfallenen Thoren blühten die neue Colonie des Trajan und der Ort Birten. Diokletian saß auf dem Throne des Augustus. Um die Last der Geschäfte zu theilen, die das weite Reich von allen Seiten brachte, nahm er 286 den Maximinian als Mitregenten an. Der neue Cäsar war seiner Geburt nach ein illyrischer Bauer, der auch auf dem Throne seine Abstammung nicht verläugnen konnte. Unter dem Purpur blieb er ebenso wild und roh, wie er als Knabe gewesen. Das zeigte sich kurz nach seiner Erhebung. Er stand mit einem großen Heere in Octodurum, dem heutigen Martinach im Kanton Wallis. Nicht weit vom Hauptheere entfernt lag in Agaunum, dem heutigen St. Maurice in demselben Wallis, eine Legion, deren Soldaten Thebäer hießen, weil sei aus dem Oriente gekommen waren. Ein großes Opfer sollte dem Beginne des Krieges und dem Aufbruch des Heeres vorangehen. Aber die thebäische Legion bestand aus Christen. Darum erklärte ihr Anführer Mauritius im Namen Aller, sie würden nicht zum Götzenopfer erscheinen. Wüthend befahl der Tyrann, die Legion zweimal zu decimieren. Als sie standhaft blieb, ließ er alle ihre Soldaten tödten. Einzelne Abtheilungen der Legion waren aber schon rheinabwärts gezogen. Der Cäsar sandte ihnen Boten nach, mit dem Befehle, zu opfern oder zu sterben. Die christlichen Helden zogen ein ruhmvolles Martyrium diesem Leben vor, und so starben größere oder kleinere Schaaren der Thebäer in Solothurn, Trier, Bonn, Köln und Xanten. Über die Xantener Martyrer erzählt die Tradition der Kirche und der Gegend:
„St. Victor kam mit seinen Genossen rheinabwärts und schlug sein Lager auf in den Wiesen zwischen Birten und Xanten. Dort ereilten ihn die Boten des Maximinian. Sie führten ihn in’s Amphitheater, das neben der jetzigen Kirche von Birten erhalten ist, und forderten ihn auf, den Götzen zu opfern. Als er sich dessen weigerte, wurde er niedergemacht mit all seinen Genossen, deren Zahl sich auf 360 belief. Die Leichen der Martyrer wurden in einem Sumpf versenkt, der im Mittelalter „Maar“ hieß, und zwischen der Märtpforte (Martyrerpforte) und dem Marsthore der Stadt Xanten lag. Dort blieben sie nicht lange ungeehrt. Sie wurden erhoben und ehrenvoll begraben. Die Gebeine des hl. Victor kamen in die Kirche von Xanten. Die Kirche von Birten erhielt die Reliquien des hl. Malosus, des vornehmsten
Stephan Beissel: Das Martyrthum des hl. Victor und seiner Genossen. Freiburg im Breisgau: Herder, 1889, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beissel_Das_Martyrthum_des_hl._Victor_und_seiner_Genossen.djvu/2&oldid=- (Version vom 31.7.2018)