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Seite:Beissel Das Martyrthum des hl. Victor und seiner Genossen.djvu/10

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sie ihre Zelte aus in lieblichen Wiesen. Hinterlistiger Weise wurden sie getödtet. Dreihundert und dreißig wurden enthauptet. Ihre Leiber warf man weg an sumpfige Orte.“[1]

Dieser poetische Erguß liturgischer Begeisterung ist die älteste Nachricht über die Geschichte des hl. Victor. Ein Brand hat 1109 alle frühern Manuscripte des Stiftes vernichtet; da aber offenbar die Antiphon älter ist, als das Chorbuch, in welchem sie erhalten ist, reicht sie über den Brand hinaus in höhere Jahrhunderte. Lassen uns die Handschriften im Stiche, wenn wir alte Nachrichten suchen, so ist eine Reihe von Zeugnissen vorhanden, die auf anderem Wege tiefer hinabführt in das Dunkel der Geschichte. Sie beginnt mit den Protokollen und Nachrichten über Auffindung und Erhebung der Reliquien der thebäischen Soldaten. Da bei solchen Funden jedes Wort der Augenzeugen vom größten Werth ist, und ihre Berichte durch Umschreibung so leicht verfälscht werden, so scheint es am besten, hier die Worte der Quellen in treuer Übersetzung zu geben, und zwar in aufsteigender Zeitfolge. Der jüngste Fund wurde im Anfange unseres Jahrhunderts gemacht und ein Augenzeuge berichtet über ihn also:

I. „Als im Jahre 1813 ein Theil des Chores in unserer Kirche von neuem gepflastert und etwa 10 Schuh (Fuß) tief (zwischen den Stallen, hinter dem Pfarraltare) in der Erde absichtlich gegraben wurde (um zu versuchen, ob da vielleicht ein Verbürgniß könnte angebracht sein), entdeckte man Gräber von großen tufsteinernen Platten von Mannesgröße; auch noch in der nämlichen Tiefe Stücke von römischen Dachziegeln. Die Deckel der Gräber waren davon weggenommen und die Gräber mit Erde und Schutt gefüllt, welches auf den Gedanken führte, daß sie in früherer Zeit müssen geöffnet worden sein. Die Steine zweier Gräber wurden herausgenommen, ohne daß irgendwo eine Inschrift oder ein Zeichen hätte entdeckt werden können. (Vielleicht waren diese Gräber auch ehedem Ruhestätten der heiligen Martyrer, aus denen die Gebeine sind ausgenommen worden.)“[2]

II. „1641. Als das Grab des ehrwürdigen und edeln Herrn, des Decans Kaspar von Ulfft, seligen Andenkens, zu Füßen des Altares des hl. Matthias (oben im südlichen Seitenschiffe) nach Mittag hin ausgegraben wurde, sind drei Sarkophage gefunden worden, welche Gebeine oder Reliquien enthielten.


  1. Die Legenden vom hl. Victor finden sich bei * Pels 2. p. 1 sqq.; * De Sandt p. 1 sqq.; * Schoen fol. 1 sqq.; die des Helinand geben die Bollandisten Octob. V. p. 38 n. 13-16; Binterim gibt in seiner „Erzdiöcese“ I, S. 57. 79. 94 die Worte des Helinand als bisher unbekannte Nachricht aus einem Codex des elften Jahrhunderts. Offenbar irrt er hier in Allem. Vgl. Acta Sanctor. Octob. V. p. 16 n. 14; Otto Frisingens. Chronicon l. 3 c. 45; * Liber albus fol. 36.
  2. Spenrath I, S. 109, § 170; II, § 5, S. 6 Anm.
Empfohlene Zitierweise:
Stephan Beissel: Das Martyrthum des hl. Victor und seiner Genossen. Freiburg im Breisgau: Herder, 1889, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beissel_Das_Martyrthum_des_hl._Victor_und_seiner_Genossen.djvu/10&oldid=- (Version vom 31.7.2018)