Oben in der Giebelstube hing der Dompfaff am Fenster, und in der Ecke stand der Ofen, auf dem Meister Daniel seine Kartoffeln und sein Stückchen Sonntagsfleisch kochte; er hatte seinen einsamen Haushalt eingerichtet. Wenn er Vormittags seine paar Stunden in der Böttcherwerkstatt gearbeitet oder in seinem Garten gegraben hatte, den er später fast ganz mit Kartoffeln bepflanzte, dann saß er oben mit aufgestütztem Arm an einem Tische und las in der Laß’schen Chronik seiner Vaterstadt, oder in des alten pastor primarius Melchior Krafftens städtischer zweihundertjähriger Kirchen- und Schulhistorie. Die alten Lederbände waren noch aus seines Vaters Nachlaß, hatten aber lange Zeit bei seinen Rechnungsbüchern in der Schatulle gelegen; nun sahen sie ihn an, wie auch schon seine alte Zeit, und wenn er las, wie früher die pastores von Ost und West, aus Pommern und aus Sachsen in unsere Stadt gekommen waren, und wie nun hier auf ein paar Buchseiten sich ihr Leben eines nach dem andern abspann, dann blickte er wohl halb verwirrt empor und wunderte sich,
Theodor Storm: Bötjer Basch. Berlin: Gebrüder Paetel, 1887, Seite 050. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:B%C3%B6tjer_Basch.djvu/050&oldid=- (Version vom 31.7.2018)