müßte dort noch gesetzt werden, dann könnte er sich selber seinen Mittag machen!
Eine trübe Art Zufriedenheit kam über Meister Daniel, und er hörte nun auch, daß am andern Fenster der Dompfaff flötete:
„Üb’ immer Treu’ und Redlichkeit,
Bis an Dein ......“
„Fiuh!“ machte der Vogel, und der alte Mann nickte. Ja, so weit hatte Fritz es ihm noch beigebracht; und nun begann das Thier sein Stück von Neuem. Als Daniel wieder durch das Fenster blickte, vor dem schon längst keine Rosen und Geranien mehr grünten, sah er draußen eine Rosenknospe, ein acht- oder neunjähriges Mädchen mit einem sanften Gesichtlein und ein paar blauen Augen, mit denen sie, andächtig lauschend, nach dem Vogel hinauf sah; denn sie stand mit einem älteren Knaben dicht unter dem Fenster. Der Junge aber schielte und sah bös und häßlich aus, und schien indessen seine Marmel in der Tasche nachzuzählen. Da zog das Mädchen ihr rothes Händchen aus dem Muff und, ihn zu sich ziehend, wies sie mit dem Finger nach dem Vogelbauer.
Theodor Storm: Bötjer Basch. Berlin: Gebrüder Paetel, 1887, Seite 044. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:B%C3%B6tjer_Basch.djvu/044&oldid=- (Version vom 31.7.2018)